Es war 1969. Ich war also gerade mal 18. Ich saß mit ein paar anderen im Ballhaus Resi auf der Hasenheide in Berlin.Ich war zum ersten Mal in Berlin. Dort traf sich die „Arbeitsgemeinschaft der Landesjugendkonvente Deutschlands“. Natürlich nicht im Resi, da sind wir abends hingegangen.
Die Evangelische Jugend hielt damals noch daran fest, „Evangelische Jugend Deutschlands“ zu sein und so traf man sich illegal in Ost-Berlin. Ich bin sicher, die Stasi wusste Bescheid und filzte uns entsprechend am Übergang. Abenteuerliche Zeiten.
Aber abends wollten wir Westler Berlin kennenlernen – was natürlich Westberlin war, weil man für Ostberlin nur ein Tagesvisum bekam. Und so gingen wir ins Resi auf der Hasenheide.
Das Resi war phänomenal. Vorne auf der Bühne gab es riesige Wasserspiele. Auf den Tischen standen Tischtelefone. Jeder Tisch hatte eine Platznummer und so konnte man von Tisch zu Tisch telefonieren und auf diese Weise versuchen anzubändeln. Den Begriff Flirt kannten wir noch nicht, glaube ich.
Aber der Clou war die Rohrpost. Über ein Rohrpostsystem konnte man der Dame seiner Wahl ein kleines Briefchen zukommen lassen – freilich unter Zensur der Ballhausleitung, die Anzügliches herausnahmen.
Ich war viel zu schüchtern, um eine der hübschen Damen anzurufen oder ihr gar eine Rohrpost zu schicken. Vor allem das hätte ich natürlich viel zu anzüglich gefunden.
Die erste Rohrpost wurde am 18. November 1875 in Betrieb genommen. Nicht nur im Resi, in ganz Berlin gab es ein Rohrpostsystem.
Bildnachweis:
Rohrpostplan: Prof.Dr. Nemo Klein – Sammlung telosgraphein
Tischtelefon: Museum der Dinge
Loco_just_Loco 24. November 2010
Auf der Hasenheide, zwischen Feld und Weide..
scnr
Wenn man bedenkt, was heute so ungeschützt über den Äther geht, per SMS oder auch direkt – nein nicht ins Ohr geflüstert, sondern ins Gesicht gebrüllt, dann werd ich manchmal ein wenig nostalgisch. Und v.a. ziemlich stumm…