Zum Geburtstag bekam ich von der Liebsten ein wunderbares Geschenk: ein Gourmetwochenende in der Sonne Frankenberg. Ursprünglich war sogar ein Oldtimerausflug enthalten, aber der 2CV war in der Werkstatt und wir bekamen stattdessen ein Upgrade und ein schönes Präsent.
Natürlich haben wir nicht nur geschlemmt – dazu später – sondern uns auch bewegt. Und schnell bin ich bei meinen Vorbereitungen auf den Blickwinkel Frankenberg gestoßen. Der „Blickwinkel“ ist der erste zertifizierte Premium-Stadt-Wanderweg Deutschlands. Er führt an den Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei und über eine Strecke von ca. 9 km durch den nahegelegenen Wildpark.
Es ist eine tolle und sehr abwechslungsreiche kleine Wanderung, die auch sehr gut ausgeschildert ist.
Die Blickwinkelwanderung
Rathaus
Wir starten an der Sonne direkt am wichtigsten und markantesten Punkt der Altstadt, dem Historischen Rathaus, sicher eines der schönsten historischen Rathäuser Deutschlands. Die Frankenberger mussten es dreimal aufbauen. Der erste Bau, dessen Baubeginn nicht bekannt ist, wurde 1421 abgerissen und durch ein prächtiges Gebäude mit 10 Türmen und Erkern ersetzt. Aber schon 50 Jahre später brannte das Rathaus zusammen mit allen Fachwerkhäusern der Stadt ab. 1509 wurde dann nach dem Vorbild des alten Gebäudes das Rathaus neu errichtet.
Etwas ganz Besonderes konnten wir am Tag darauf erleben: noch heute findet jeden Samstag in der Schirn, der Rathaushalle, der Wochenmarkt statt.
Über den Eingängen hat der bekannteste Sohn der Stadt, der Bildhauer Philip Soldan, die Knaggen (Stützbalken) kunstvoll geschnitzt. Hier sitzt ein Narr mit einem Dudelsack auf dem Rücken eines Anderen, die Umschrift „Ich pyff halt hart“ bedeutet wohl „Ich pfeife, halte eine Weile“ und war wahrscheinlich eine Einladung zu den Konzerten in der Schirn. An verschiedenen Stellen der Stadt kann man sich in der Figur fotografieren lassen.
Liebfrauenkirche
Vorbei an schönen Fachwerkhäusern gehen wir ein paar Stufen hinauf zur Liebfrauenkirche.
Die Liebfrauenkirche wurde nach dem Vorbild der Marburger Elisabethenkirche (die ab 1235 gebaut und 1283 geweiht wurde) ab 1286 im Gotischen Stil gebaut. Der Bau dauerte fast 100 Jahre.
Hinter der Kirche kann man dann auf einem schmalen Weg den Burgberg hinunter zur Stadt gehen.
Entlang von Eder und Nemphe
Wahlweise kann man nun durch die – wohl gut bestückte – Einkausfzone schlendern oder am Fluss entlang gehen. Wir entschließen uns natürlich zu Letzterem und bereuen das nicht.
Im ehemaligen Kloster St. Georgenberg befindet sich ein Heimatmuseum, das wir nicht besichtigen. Wir gehen aber durch den schönen Klostergarten, in dem es auch einen kleinen Kräutergarten gibt.
Ein paar Meter weiter kommt man dann an der Mündung der Nemphe entlang, einem kleinen Nebenflüsschen der Eder.
Wir überqueren die Eder und gehen in einem Bogen auf der anderen Seite durch eine Wiesenlandschaft unter der Eisenbahnbrücke hindurch und gehen dann ein Stück den Goßberg hinauf eine schöne Waldstrecke zum Wildpark Frankenberg.
Im Wildpark
Schon, als wir uns vor dem Tor zu einer kleinen Rast auf einen Baumstamm setzen, sehen wir einen Sprung Rehe (was man nicht alles lernt beim Artikelschreiben – ich dachte mir, dass man bei Rehen nicht von Herden spricht).
Im Wildpark gibt es die verschiedenesten Wildarten: Dam-, Schwarz-, Rot- und Sika-Hirsche, außerdem Muflons, Bergziegen und Wildschweine. Außer den Bergziegen und den Wildschweinen laufen die meisten Tiere frei herum.
Viele lassen sich auch streicheln. Trotzdem sind wir nicht ganz sicher, ob wir einfach weiter gehen sollen, als ein Hirsch direkt vor uns stehen bleibt.
Wir verlassen den Wildpark wieder und gehen einen teils recht steilen Weg unterhalb zurück zur Eder. Unterwegs gucken wir noch einmal nach, ob im Teufelskeller tatsächlich ein Teufelchen gefangen ist. Wir sehen aber keins. Die Höhle wurde von einem Bierbrauer als „Kühlschrank“ für sein Bier gebaut, heute ist es ein Zufluchtsort für Fledermäuse.
Zurück durch die Altstadt
Wir überqueren wieder die Eder und gehen durch Kleingärten Richtung Altstadt. Über eine kleine Brücke kommen wir über den Walkegraben, einen kleinen Ederzufluss. Jetzt geht es wieder etwas bergauf und durch eine kleine Parkanlage kommen wir zum Hexenturm. Das ist von 20 Wehrtürmen und 5 Toren der ursprünglichen Stadtbefestigung der letzte erhaltene Turm. Wir wissen nicht, was uns erwartet und freuen uns natürlich, dass man ihn über eine angebaute Wendeltreppe besteigen kann. Oben erwartet uns eine tolle Aussicht auf die Altstadt.
Ein kleiner Pfad, der nicht in der Karte eingezeichnet ist, führt nach unten, sodass wir nicht durch den Park zurückgehen müssen.
Noch eine letzte Sehenswürdigkeit in der als Gesamtkunstwerk sehenswerten Altstadt können wir von außen begucken: im Steinhaus, dem ältesten Frankenberger Haus aus dem Jahre 1240 ist heute die Stadtbücherei untergebracht.
Wir setzen uns in ein kleines Café, essen eine wunderbare selbstgebackene Torte als Mittagessen. Mehr gibt es nicht, weil uns abends die Sterneküche der Sonne erwartet.
Schlemmen und Wellness in der Sonne
Wir waren von Donnerstagmittag bis Samstagmorgen in der Sonne. Für Samstag haben wir eine Wanderung geplant, ansonsten war Chillen angesagt. Vom Fenster aus sehen wir direkt auf das Rathaus – schöner geht nicht.
Viel Zeit verbrachten wir im Wellnessbereich, den wir uns nicht so schön vorgestellt hatten.
Das Geburtstagsgeschenk war ein Arrangement mit zwei Übernachtungen. Inbegriffen war am ersten Abend ein Viergangmenü im Restaurant SonneStuben und am zweiten Abend ein Viergangmenü im Restaurant Philipp Soldan. Ich muss gestehen, ich war noch nie in einem Sternerestaurant und so war ich natürlich auf diesen zweiten Abend am meisten gespannt.
Aber ehrlich gesagt, dachte ich, der Unterschied könne bei zwei Restaurants im gleichen Hotel ja nicht so groß sein und das Menü des ersten Abends bestätigte uns: es schmeckte wunderbar.
Tranchen vom rosa gebratenen Kalbstafelspitz
mit Thunfischcreme, gebackenen Kapern
und mariniertem Wildkräutersalat
–
Schaumsüppchen von der roten Spitzpaprika-
Gebratene Black Tiger Riesengarnelen auf cremiger
Fregola Nudelrisotto und glasierten Zuckerschoten
oder
Gebratene Brust von der Bio Maispoularde
auf mediterranem Gemüse und gebackener Polentapraline
oder
Hausgemachte Vegetarische Pasta mit Basilikum
getrockneten Tomaten, gehobeltem Parmesan
und Raukesalat
–
Hausgemachte Tiramisu mit Sorbet
Der nächste Abend war dann aber noch einmal mit Abstand besser.
Sternekoch Erik Arnecke empfiehlt Ihnen heute:
Chevice vom heimischen Bachsaibling
Zwergquitte | Meerrettich | Bachsaibling
–
Geflämmter weißer Stör aus Fulda
Rote Bete / Schnittlauch- Sauerrahmgraupen | Kaviar Essenz
–
Tranche vom Black Angus Rind
gebackener Kärntener Ravilo | schwarzer Wintertrüffel
Schwarzwurzel | Sauce Riche
–
Mille Feuille von pochierter Birne, Mohn & Schmand
Walnusseis
Zwischen jedem Gang gab es zusätzlich einen Gruß aus der Küche, jedesmal eine Köstlichkeit.
Wir sind sicher, dass wir hier wieder herkommen werden.