42 Jahre kein Notstand ausgerufen
Wir waren damals sicher, das stünde kurz bevor. Wofür sonst wollten „die“ die Notstandgesetze verabschieden. „Die“, das waren SPD und CDU („SPD und CDU – lasst das Grundgesetz in Ruh“, „Wer hat uns verraaaten – Sozialdemokraaten. Wer schaut zu – CDU“) und deren Rädelsführer Benda („Bendaaaa – wir kommmmmen“).
Heute, am 30. Mai, vor 42 Jahren wurden von der Großen Koalition die „Notstandsgesetze“ verabschiedet. 28 der damals 145 Artikel des Grundgesetzes wurden damit eingeschränkt, verändert oder aufgehoben.
Immerhin wurde ein Absatz 4 in Artikel 20 des Grundgesetzes eingefügt
Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Knapp 3 Wochen vorher, am 19. Mai, war ich als damals 17jähriger nach Bonn gefahren. Beileibe nicht die erste Demo meines jungen Lebens – dafür war in den Monaten zuvor zuviel geschehen – aber bis dato die größte und aufregendste.
Das Kultusministerium hatte uns Schülern natürlich die Teilnahme an der Demonstration verboten. Aber wohl fast alle Schüler der Oberstufe fuhren nach Bonn. 3 Lehrer fuhren auch mit. Ein Vater eines Freundes – Pfarrer in Darmstadt – hat 3 von uns in seinem alten VW mitgenommen. (Gerne erinnern wir uns daran, wie er spätabends in Darmstadt volle Pulle die Autobahnausfahrt nahm und wir ins Grüne schlitterten. Passiert ist nichts.)
Am eindrücklichsten sind mir die langanhaltenden Rufe „Generalstreik! Generalstreik“ in Erinnerung. Dass es die nicht gab – im Gegensatz zu Frankreich, wo 6 Tage zuvor die französichen Gewerkschaften den Generalstreik ausgerufen hatten – war eine große Enttäuschung.
Ob der Notstand eines Tages doch noch einmal ausgerufen wird und was dann passiert, steht noch dahin. Steht alles noch dahin.
Sechzig-plus 4. Juni 2010
Als ich in deinem Blog das Stichwort „Notstand“ las, fiel mir die Fahrt damals mit der Gewerkschaftsjugend wieder ein. Die nach Bonn. Kaum, dass wir wußten, was Notstandsgesetze waren. Aber demonstriert haben wir dagegen. Da hätten wir uns begegnen können…;-))
Heute sage ich oft: Wir wußten zwar nicht, warum, aber wir waren dagegen damals. Und das war nicht das Schlechteste. Denn heute wüßten wir es, aber wir tun meist Nichts dagegen.
Traumschoepfer 1. Juni 2010
Wo sind sie nur hin, diese jungen Wilden von damals? Satt und zufrieden? Ich mag es nicht recht glauben.