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Gehst du Documenta, gehst du Kunst

Demnächst gehts in Kassel wieder los. Am 9. Juni startet die „documenta(13)“. Ich werde gleich zweimal hinfahren, einmal mit der Liebsten und einmal mit den Pfarrerinnen und Pfarrern meines Dekanats.

Zum ersten Mal war ich 1972 da, mit 21. Und staunte darüber, was alles Kunst ist. Vieles fand ich wirklich toll und manches nur skuril oder einfach nichtssagend. Seitdem war ich jedes Mal da und wundere mich noch immer.

Ich gebe zu, ich bin ein Kunstbanause. Was Kunst ist, weiß ich nicht. Und so bin ich froh, dass ich fast jeden Tag in Frankfurt entlang der Rolltreppe an meiner Büro-U-Bahn-Station schon mal erklärt bekomme, was jedenfalls KEINE Kunst ist:

„Rolltreppe Fahren ist keine Kunst“, „U-Bahn-Fahren ist keine Kunst“, „Wände angucken ist keine Kunst“. Und ganz oben dann „In die Schirn gehen ist keine Kunst“. Die „Schirn“ ist die Frankfurter Kunsthalle. Ist auf die documenta gehen eine Kunst?

Was weiß ich. Ich weiß sowieso nicht, was Kunst ist, auch wenn ich noch so oft auf die documenta gehe. Mir würde es gehen wie den Leverkusener SPD-Genossen, die Beuys Badewanne gründlich reinigten.

Schön, das es jetzt diese kleinen Aufkleber gibt „Ist das Kunst – oder kann das weg?“. Den könnte zum Beispiel das Ordnungsamt auf abgemeldete Autos kleben anstelle dieser hässlichen roten Klebezettel. Oder die Putzfrau im Büro könnte sie auf meinen eingetrockneten Gummibaum kleben.

Auf der documenta ist das anders. Wenn du dahin gehst, siehst du, was Kunst ist. Musst du gar nicht erst ins Museum gehen. Überall in der Stadt siehst du Kunst. Beispielsweise „Man walking to the sky“ ist ein Männchen, das eine Stange hochläuft Richtung Himmel“.

4Jonathan_Borowsky_Friedrichsplatz

Oder in einem Kirchturm hoch oben siehst du einen großen Mann mit ausgebreiteten Armen. Ganz realistisch, wie die Putzfrau, die ich 1972 auf der documenta lange angestarrt habe, ob sie nun echt ist oder Kunst.

Stefan Balkenhol. Turm St. Elisabeth

Und was lese ich jetzt? Der ist gar keine Kunst!

Die „documenta“ ist empört über den Mann im Kirchturm, der keine Kunst ist. Die Leiterin der documenta fühlt sich gar von dem Nichtkunstwerk bedroht.

Gut zu hören. Ich wäre da einfach hingefahren und hätte das auch für Kunst gehalten.

Das ist keine Kunst, das muss weg. Gut, dass es die documenta gibt.

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2 Kommentare

  1. Loco_just_Loco 17. Mai 2012

    So ein Himmelsläufer steht auch vor einem der größten Einkaufszentren Straßburgs. Früher stand da mal die Synagoge; dann kamen die Nazis und dann der Kommerz…

  2. Susanne P 15. Mai 2012

    Kunst ist bei der Documenta in diesem Jahr auch die Kunst, sich von einem Männchen auf einem Kirchturm bedroht zu fühlen. Das erfordert entweder eine ganz besonders künstliche Sensibilität oder ist schlicht ein PR-Gag, und ein schlechter obendrein. „Du sollst keine andere Kunst neben mir haben“ ist anmaßend. Deshalb habe ich für die Kritik an der Kunst im Kirchturm absolut gar kein Verständnis.

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