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Lieber Ochse im Himmel

Im Dorf meiner Kindheit haben noch die Pferde den Pflug gezogen und den Wagen. Zwei arme Bauern hatten keine Pferde, sondern Ochsen.

Mir haben die Ochsen leid getan. Dazu waren sie nicht geschaffen, das sah man ihnen an. Sie mussten den Wagen auch nicht ziehen, sondern schieben. Dafür hatten sie das berühmte „Brett vorm Kopf“.

Aber zu sonst was waren sie eigentlich nicht gut. Höchstens für die Ochsenschwanzsuppe.

Sie gaben keine Milch wie die Kühe, sie konnten nicht die Kuh bespringen wie der Stier. Kastrierte Helden.
Bis zur Unkenntlichkeit domestiziert.

«Sie verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes in das Bild eines Ochsen, der Gras frisst.»
Psalm 106,20

Das ist die Tageslosung für heute. Pfingsten ausgerechnet. Ein Satz, den ich in den Psalmen noch nie bewusst gelesen habe. Er gefällt mir.

Unser domestizierter Gott. Auch, wenn das vielleicht in einem zu männlichen Bild gedacht ist: der kastrierte Gott.

Aus dem herrlichen, gewaltigen Gott machen wir allzu gerne einen Gott, der unseren Karren ziehen kann und ansonsten ein Brett vorm Kopf hat.

Einen, der gut ist zum Trösten und Heilen, zum „eia, eia“ sagen. Einen, den wir in unseren Gebeten als Begründung anführen für unsere Gut-Mensch-Anliegen. „Gott will, dass wir…“ – als ob wir wüssten, was Gott will.

Einen der an nix schuld, ist, weil er ja alles nur gut gemeint hat.

Einen, der nur Gras frisst. Wie schön, dass er auch zum Vegetarier geworden ist, unser lieber Gott.

Wird Zeit, dass wir Gott seine Manneskraft zurückgeben. Wenn Sie so wollen, auch ihre Weiberkraft.

Hauptsache Kraft.

Wünsche Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest

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