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Wie wir damals Ostern feierten (Teil I: In der Stadt)

Ostern war neben Weihnachten das große Fest überhaupt – nur die Geschenke waren kleiner. Viel kleiner. Zu Ostern gab es außer ein paar Eiern – auch das waren nur ein zwei bemalte Hühnereier und ein paar kleine Zuckereier – nur eine Kleinigkeit, wie an Nikolaus etwa. Ich erinnere mich z.B. eine Tüte mit kleinen Plastikindianern, die man auf kleine Pferde setzen konnte. Warum ich mich ausgerechnet an die erinnere, hat einen speziellen Grund, der gar nichts mit Ostern zu tun hat. Davon später mehr.

Der kleine Vorbote von Ostern war Palmsonntag. Da fand jedes Kind nämlich schon ein kleines Schokoladenhäschen auf dem Frühstückstisch. Und das Kind, das als letztes aus dem Bett kam, war der „Palmesel“.

Irgendwann in der Woche vor Ostern haben wir dann Eier ausgeblasen und angemalt, die dann an Forsythienzweige gehängt wurden.

Am Gründonnerstag gab es Spinat mit Kartoffeln und Ei, das leuchtete ein wegen der Farbe. Obwohl nur 30 km von Frankfurt entfernt, war in Darmstadt damals „Grüne Soße“ völlig unbekannt. Ansonsten wusste ich über diesen Tag nichts.

Karfreitag war ein sehr trauriger Tag, das wusste ich schon als Kind. Weil da unser Herr Jesus gekreuzigt worden war. Deshalb gab es auch kein Fleisch zu essen. Das gab es bei uns zwar sowieso nicht so oft, aber Karfreitag war der einzige Tag, an dem klar war, dass es Fisch geben musste.

Am Ostersonntag hieß es dann früh aufstehen und die Ostergeschenke suchen. Meistens waren sie im Hof versteckt. In einem Jahr aber sind wir mit meinem Vater vorher in den Wald gegangen und haben dort Zweige, Laub und Moos gesammelt. Aus denen haben wir dann jeder ein „Nest“ gebaut, genauer gesagt, kleine Hütten, in denen dann am Morgen die Ostergeschenke lagen.

Die Ostergeschenke brachte selbstverständlich der Osterhase. Obwohl es merkwürdig war, woher der Osterhase die Eier hatte, die kamen schließlich von Hühnern.

Aber ich erinnere mich, dass ich das mit  5 (da kam ich für ein Jahr in den Kindergarten) nicht mehr ernsthaft glaubte.

Allerdings kam ich dann doch ins Zweifeln. Weil wir nämlich zu Ostern mit den Tanten aus dem Kindergarten einen Ausflug in den Wald machten, um dort nach Ostereiern zu suchen. Und tatsächlich: wir fanden dort, weit weg von zuhause und auch von Kindergarten Ostereier!

Wie sollten die dorthin gekommen sein, wenn nicht vom Osterhasen? Unmöglich konnten die Kindergärtnerinnen das gemacht haben, das hätten wir gemerkt.

Ostern im Kindergarten - Ich bin unten der 2. von rechts

Ostern im Kindergarten – Ich bin unten der 2. von rechts

Fester Essensbrauch neben dem Spinat am Gründonnerstag und dem Fisch am Karfreitag war der Nachtisch am Ostersonntag. Da gab es „Osterwiese“ – eine große Schüssel mit grüner Götterspeise und bunten Eiern.
Und natürlich zum Frühstück schon den „Osterzopf“, einen großen Hefezopf mit buntbemalten Hühnereiern.

Ostern im Kindergarten - Ich bin unten der 2. von rechts

Ostern im Kindergarten – Ich bin unten der 2. von rechts

Nach diesem Osterfest kam ich auch in die Schule. Deshalb waren in meiner Kindheit Ostern und Zeugnisse auch immer miteinander irgendwie verbunden.

Darmstadt war ja durch und durch evangelisch geprägt und alles, was irgendwie „Katholisch“ war, galt als abwegig. Die „Fastenzeit“ spielte für uns überhaupt keine Rolle. Karfreitag war der höchste Feiertag überhaupt und natürlich ging man am Ostersonntag in die Kirche, die fast so voll besetzt war wie am Heiligabend. Oder ich ging in den Kindergottesdienst, wo es dann an Ostern ein kleines Heftchen gab.

Vieles, was wir heute in der Evangelischen Kirche kennen, ist erst viel, viel später aufgetaucht. Osterkerze, Osternacht, „Vierzig Tage“ ohne – all das ist erst in den 80er Jahren so langsam in der Evangelischen Kirche bekannt geworden.

Ach ja, von den Indianern wollte ich Ihnen noch erzählen, die ich einmal zu Ostern bekam. Als ich krank wurde und mit einer bösen Rippenfellentzündung lange im Bett lag, war mir natürlich sehr langweilig. Da kamen die Indianer (Cowboys waren auch dabei) zum Spielen gerade recht.

Aber da auch das auf der Bettdecke zu langweilig wurde, habe ich in ein paar Felder der Steppdecke Höhlen hineingeschnitten, in die die Indianer reinreiten konnten.

Meine Mutter war entsetzt, ich habe trotz Krankheit Schläge bezogen und Monate später vom Nikolaus im Kindergarten deshalb noch einmal mit der Rute. Das wiederum hat meinen Glauben an den Nikolaus zerstört. Denn unmöglich konnte der Kindergartennikolaus etwas von zuhause wissen. ich war sicher, dass meine Mutter ihm das erzählt hatte.

 

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