Otto Normalverbraucher war ein furchtbar dünner Mann. Man sah ihm den Hunger an.
Er war nämlich gerade aus dem Krieg heimgekehrt und hatte keinen Anspruch auf irgendwelche Vergünstigungen.
Eben nur auf das, was ein „Normalverbraucher“ laut Lebensmittelkarte zu beanspruchen hatte.
Zu sehen war Otto Normalverbraucher in dem Film „Berliner Ballade“. Er wurde dargestellt von Gert Fröbe. Wenn mein Vater später irgendwann Gert Fröbe im Fernsehen sah – etwa als Witschaftsboss in „Das Mädchen Rosemarie“ oder als Kindermörder in „Es geschah am hellichten Tage“ -, lachte er sich schier schief: „Das war der Otto Normalverbraucher“.
Aus dem abgemagerten Otto der Nachkriegsjahre war ein Schwergewicht geworden. Aber er war nicht allein dick geworden. Die Deutschen hatten nach Jahren des Hungers zugelegt. Speck wurde damals vom Fleisch nicht weggeschnitten, sondern extra bestellt.
Und so verkörperte Gert Fröbe auch noch als Dicker den „Otto Normalverbraucher“.
„Normalverbraucher“ war auf den Lebensmittelkarten unterstes Niveau. Wer nicht krank war, nicht harte Arbeit zu leisten hatte oder aus welchen Gründen auch immer Sonderrechte beanspruchen konnte, bekam nur „Normalverbraucher“.
Heute ist „Otto Normalverbraucher“ der Standardausdruck für den durchschnittlichen „Warenkorb“ eines Bundesbürgers.
Indes: Hartz IV-Empfängern wird nicht zugestanden, was für Otto Normalverbraucher gilt. Kein Bier, kein Fernsehapparat.
Jetzt sagen sie nicht: „Das hatten die nach dem Krieg doch auch nicht“
Gert Fröbe ist heute, am 25. Februar, vor 98 Jahren geboren. Er starb 1988. Für mich einer der beeindruckendsten Schauspieler des letzten Jahrhunderts.