Seit 1972 fahre ich zur Documenta nach Kassel, dieses Jahr natürlich auch. Obgleich man im Vorfeld lesen konnte, diese Documenta sei eigentlich den Besuch nicht wert. Eigentlich nur Betroffenheitskunst, politisch korrekt.
Mein Fazit von zwei Tagen Documenta: an der Kritik ist was dran, trotzdem ist die documenta sehenswert. Ein paar Werke haben mich beeindruckt.
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Dazu gehört sicher der „Parthenon der Bücher“. Die argentinische Künstlerin Marta Minujin hat den Athener Parthenon maßstabgetreu nachgebaut und mit Büchern, die einmal verboten waren, behängt. Die Bücher stammen aus Buchspenden, viele Verlage und Einzelpersonen haben dazu beigetragen.
Sicher, den gleichen Tempel hatte sie 1983 in Buenos Aires zur Feier der Überwindung der Diktatur schon einmal errichtet, damals mit den während der Diktatur verbotenen Büchern. Dieses Mal waren es Bücher, die jemals irgendwo verboten waren. Egal, ob während der Nazidiktatur, in der DDR oder von der Katholischen Kirche.
Der Partheonon auf dem Friedrichsplatz, wo im Dritten Reich die Bücher verbrannt wurden, ist zum Mittelpunkt der documenta geworden. Abends werden hier Feste gefeiert.
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Einen Vorhang aus 300 Rentierschädeln mit Einschusslöchern fertigte Máret Ánne Sara. Sie erinnert an die von der norwegischen Regierung vorgeschriebenen Zwangstötung der von den Samen in Nordeuropa gezüchteten Rentiere.
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Toll finde ich auch die 270 Fotografien von Passanten, die Hans Eijkelboom in 25 Jahren auf den Straßen fotografierte. Bei der Gelegenheit habe ich gleich auch mal meine Mitreisende fotografiert.
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Der nigerianische Künstler Olu Oguibe (USA) entwarf den Obelisken „Fremdlinge und Flüchtlinge“, der auf dem Königsplatz steht.
Mein Obelisk soll auch an die erinnern, die die Flüchtlinge aufgenommen haben. Hoffentlich gefällt er den Kasselern
sagte er. Ein AFD-Stadtverordneter nannte den Obelisken „Entstellte Kunst“.
In der Nähe fand ich übrigens einen anderen Obelisken „Herkules trägt den Obelisken“. Den findet die AFD wahrscheinlich nicht entstellt. Schließlich ist er da, wo er hingehört.
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Mit zwanzig durchaus gemütlich eingerichteten Abwasserrohren greift der aus dem Irak stammende Kurde Hiwa K. die Fluchtthematik ebenfalls auf.
Solche Rohre dienen vielen Menschen auf der Flucht als Quartier. Ursprünglich wollte er die Rohre während der documenta vermieten, das wurde aber nicht gestattet.
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