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Und bewahre uns vor den Quoten. Ein paar Worte zum Unglück des Samuel K.

Heute morgen berichtete die österreichische Boulevardzeitung „Österreich“ über die gestrige Sendung „Wetten, dass…“.

„Robbie holte Show aus dem Koma“, dichtete sie in ihrer Titelschlagzeile und meinte damit nicht das Koma, in das der verunglückte Samuel K. später versetzt wurde.

„Schlimmster Sensationsjournalismus“, so las man als umgehende Reaktion im Web 2.0.

Das war es aber mitnichten. Die „Österreich“ hatte nur nicht vorausgesehen, dass ein Unglück geschieht und so hatte sie ihren Artikel im Voraus verfasst, beschrieben wie „Take That“ aufgetreten sei und Justin Bieber die Sendung gerettet habe.

Peinlich.

Aber mich erinnert das an mein Leben. Lebe ich nicht eigentlich auch so, als könnte ich heute abend schon schreiben, was ich morgen machen werde?

Sicher, journalistischer Sorgfaltspflicht entspricht das nicht gerade und makaber ist es sowieso. Aber eben nur, weil etwas passiert íst – sonst hätte das niemand bemerkt.

Und wir leben so, als ob nicht morgen „die Welt untergehen“ könne. Das kann sich morgen auch schon makaber anhören.

„So Gott will und wir leben“ heißt es im Jakobusbrief – ein Vorbehalt, der über allem steht.

+++

Etwas merkwürdig muten mich allerdings auch die Reaktionen an. Auf „evangelisch.de“ ist als Aufmacher ein Gebetsvorschlag zu finden, daneben die Schlagzeile „Verunglückter Wettkandidat ist kirchlich orientiert“.

Ich wundere mich. Verstehen Sie mich nicht falsch: für einen Verunglückten, möglicherweise gelähmt bleibenden jungen Mann zu beten, kann nicht falsch sein.

Aber warum nicht für den „kranken Nachbarn auch“? Warum interessiert plötzlich ein Verunglückter die ganze Nation?

Ich habe den Verdacht, dass sich da ein anderes Motiv einmischt.

„Und bewahre uns vor den Quoten“ scheint das heutige Gebet zu sein. Da werden die Fernsehanstalten zu gnadenlosen Quotenjägern stilisiert, die über Leichen gehen würden.

Da wird getan, als ob das Fernsehprogramm ganz anders aussehen würde, ginge es nach uns.

Morgen wird sich der Wind vielleicht wieder wenden, wenn Wikileaks oder gottweißwer Bilder ins Netzt stellt, wie die Show weiterging.

Ich gucke zwar nie im Leben „Wetten, dass…“ – aber ich rechne es dem ZDF hoch an, dass es den Anstand hatte, abzuschalten.

Und es stünde auch anderen gut an, Unfälle nicht vermarkten zu wollen.

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2 Kommentare

  1. Erdlicht 7. Dezember 2010

    So Gott will?
    Ist denn schon ein Bigboss bewiesen, der will?
    Ich denke, gotisch Got-T =erz, hebr. erez und Atmosphäre, wollen nichts. Natur war Abri =Felshalbhöhle.

    3 Körbe = 3 Tage. Auch die Wetternachrichten, genügen.

    Welt ist Kosmus, geht ganz sicher nicht unter. Kosmologie http://bit.ly/dFx7pU Das mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitendem Univerisum sind Galaxien – mit heute, dank Teleskopen ca. 70 Trillionen entdeckten Sternen, Im Kosmos entstehen beständig Sterne, in der Milchstraße ca. 10 Sterne jährlich. Vgl. Calsky (Himmel =Kosmos) Siehe: http://bit.ly/fw75DE

    Fürbitten helfen eher dem Beter, wie dem Verunglücktem.
    Von Stefan Schmitt

    Wirken Gebete positiv auf die Genesung Kranker? Nein, haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden. Die Anrufung Gottes kann sogar schädlich sein: Weiß der Kranke von den Fürbitten, kann sich dadurch sein Komplikationsrisiko erhöhen.
    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,409005,00.html

  2. SusanneN 7. Dezember 2010

    Ein kluger Text, danke!!
    Ich habe Wetten dass geguckt, und war geschockt und mitgenommen, fand aber die Reaktion von Gottschalk und dem ZDF SEHR GUT. Vermute, wenn die Sendung auf einem Privatsender gelaufen wäre, hätte man x-mal den Unfall in Zeitlupe wiederholt, und evtl. nach Abtransport ins Krankenhaus auch weitergesendet, „The show must go on“, und man kann schließlich die ganzen eingeladenen Promis nicht warten lassen…
    Da hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen wirklich Seriösität bewiesen.

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