Von Granada haben wir außer der Alhambra nicht sehr viel gesehen – leider. Es hätte sicher noch so viel zu sehen gegegeben. Aber nach dem ausführlichen Besuch der Alhambra sind wir zu erschöpft für den vorgesehenen Stadtrundgang. Und unser Prinzip ist es, zwar viel sehen zu wollen, aber nie, nie auf Kosten des entspannten Genusses. Trotzdem haben wir viel gesehen und erlebt hier.
Carretera de la Cabra
Viele Wege führen nach Granada, auch von Málaga aus. Wir beschließen, zunächst an der Küste entlang bis Almuñécar – genauer bis Suspiro del Moro – zu fahren. Dort beginnt nämlich, die Carretera de la Cabra, die Ziegenchaussee. Das war die traditionelle Handelsstraße zwischen Granada und Almuñécar und soll eine der schönsten und wildesten Routen Andalusiens sein.
Immer wieder einmal versuchen wir, direkt die Küstenstraße entlangzufahren. Aber wir geben die Versuche auf. Man quält sich durch verstopfte Ortschaften und hat fast nie einen Ausblick auf das Meer. Fährt man auf der A7 hingegen hat man immer wieder schöne Aussichten. Natürlich versuchen wir, in Nerja zum Balcón de Europa zu kommen, aber entnervt geben wir auf. Es ist unmöglich, einen Parkplatz bekommen. Für das ein „Gerade mal unterwegs mitnehmen“ sind solche Orte nicht geeignet.
Bei Almuñécar fahren wir auf die A-4050, das ist die „Ziegenstraße“. Bis Jete ist die Straße noch eher unspektakulär, in Jete führt uns der Navi dann ins Nirwana, irgendwo müssen wir mit Mühe wenden, weil wir sonst stecken bleiben würden.
Jetzt windet sich die Straße in engen Kurven zuerst bergauf, später bergab. Links liegt der Rio Verde und links und rechts steil die Sierras de Tejeda, Almijara und Alhama. Das Video ist nicht von mir, aber es gibt einen ganz schönen Eindruck. Eins, zwei Minuten reingucken reichen.
Albaicìn
Das kleine Hotel Casa Bombo liegt im Albaicìn, dem ältesten Stadtteil Granadas. Das Viertel ist Weltkulturerbe, ein Labyrinth enger Gassen, in denen man sich verlaufen muss, da führt sozusagen kein Weg daran vorbei. Tagsüber kommen uns hier ständig Touristengruppen entgegen, ein Besuch in diesem Viertel gehört zum Pflichtprogramm, aber wenn wir abends heimkehren, ist es ruhig geworden.
Natürlich kann man hier nicht mit dem Auto herkommen. Wir haben – gegen teures Geld – den Luxus, ein paar Gassen weiter vom Hotel einen Garagenplatz bekommen zu haben, den wir durch die Gassen nur mit Mühe erreichen. Eine junge Frau vom Hotel geleitet uns telefonisch, weil das Navi in dem Gassengewirr nicht hilft und hilft dann sogar beim Gepäck.
Ein Blick auf unsere Terrasse und alles ist gut.
Eigentlich müsste man gar nicht aus dem Hotel gehen, so schön sitzt man hier.
Mirador de San Nicolas
Vorher wollen wir etwas essen, aber zunächst werden wir überall abgewiesen. Wir haben uns angewöhnt, wenn möglich überall etwas zu reservieren, was selbst jetzt – Ende Mai – empfehlenswert ist. Aber überall geht das nicht. Vor dem „Mirador“ hinter der Kirche finden wir einen Platz. Daneben ist das Kiki, eine angesagte Bar, die uns empfohlen wurde, aber leider zu hat.
Trotzdem machen wir natürlich am Abend einen ersten Spaziergang. Wer Granada kennt, weiß, wohin der führt. Zum Sonnenuntergang versammelt sich die Gemeinde auf dem Mirador de San Nicolas, einer Aussichtsplattform vor der Kirche San Nicolas. Von hier aus hat man die schönste Aussicht auf die Alhambra im Licht der untergehenden Sonne. Na gut, unsere Terrasse kann fast mithalten.
Vor der Kirche ist schon ziemlich viel los, aber dann kann ich mich doch mit meiner Kamera in Position bringen.
Alhambra
Eintrittskarten für die Alhambra habe ich schon Wochen vorher besorgt. Mit ihnen muss man auch nicht durch den Haupteingang, sondern kann durch einen kleineren Seiteneingang, die Puerta de la Justicia die Alhambra betreten. Übrigens bekommt man überall in Andalusien einen deutlichen Nachlass, wenn man über 65 ist, und das sind wir ja zum Glück.
Von unserem Hotel aus hätten wir auch zur Alhambra gehen können. Das hätte mein Herz zwar wohl mitgemacht, aber wir wären wohl schon k.o. gewesen, bevor die Besichtigung überhaupt erst losgeht. Also nehmen wir den kleinen Stadtbus Linie 31, der auf einer Rundstrecke zur Alhambra und über einen Schlenker auch zur Puerta Justicia fährt.
Die Alhambra ist wahrscheinlich die bekannteste und am meisten besuchte Sehenswürdigkeit Andalusiens und ein Meisterwerk islamischer Baukunst. Die Lage auf dem Hügel La Sabica war gut gewählt, sie bot die beste Übersicht über die gesamte Ebene und die Stadt, ließ sich gut verteidigen und bot (und bietet) zudem viele schattige Plätzchen. Sie wurde ab dem 13. Jahrhundert gebaut, eine Festung gab es hier schon seit dem 9. Jahrhundert.
Für den Besuch der Alhambra muss man ein enges Zeitfenster buchen. Die angegebene Zeit gilt dann aber nur für die Nasridenpaläste. Hier muss man sich rechtzeitig vor der gebuchten Zeit anstellen, um dann im Pulk eingelassen zu werden. Die übrigen Bereiche kann man völlig unabhängig von der gebuchten Zeit besuchen.
Wir haben für 11 Uhr gebucht in der Hoffnung, diese Zeit nach einem schönen Frühstück entspannt erreichen zu können. Das gelingt und wir haben zuerst Zeit, die Alcazaba zu besichtigen.
Alcazaba
Die Alcazaba ist der älteste Bereich der Festung, er ist auch nicht besonders gut erhalten. Aber von den Mauern und besonders vom höchsten Turm, dem Torre de la Vela, haben wir eine tolle Aussicht auf die Stadt, die Umgebung und auch auf den Innenhof der Alhambra.
Mit Schrecken sehen wir, dass sich schon für die 10 Uhr Besichtigung eine lange Schlange vor dem Nasridenpalast gebildet hat. Wir wissen also, dass wir zeitig da sein müssen.
Jetzt sehen wir auch einmal San Nicolas und das Viertel Albaicìn von der Alhambra aus.
Lange muss ich rätseln und suchen, welche Kirche auf dem folgenden Bild zu sehen ist. Ich fand einfach keine mit einem solchen Turm. Irgendwann fand ich die Lösung: zu sehen ist das Hotel Alhambra Palace.
Palacio Carlos V
Der Palacio Carlos V wirkt etwas wie ein Fremdkörper, stört aber trotzdem nicht allzu sehr das Gesamtbild. König Karl V ließ ihn im 16. Jahrhundert errichten.
Geht man durch das Tor hindurch, staunt man. Das quadratische Gebäude hat einen Innenhof, der an eine Stierkampfarena erinnert.
Nasridenpaläste
Egal, an welcher Stelle der Schlange man angestanden hat, es ändert nichts daran, dass man mit einer riesengroßen Gruppe zusammen eingelassen wird und deshalb immer im Gedränge ist. Fotografieren ist deshalb nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich.
Die Paläste bestehen aus drei Bereichen. Der Mexuar ist der Versammlungs- und Gerichtsbereich, El Serallo ist der eigentliche Palast und schließlich der Löwenpalast.
Mexuar
Der frühere Gerichtsraum wurde unter Karl V zur Kapelle umgebaut und dadurch baulich sehr verändert.
Zum Mexuar gehört ein kleiner, schlichter Innenhof. In ihm ist aber die prunkvollste Fassade des Palastes zu sehen, die des Comares. Zwei Türen führen in ihn hinein, durch die linke Tür kam man in den offiziellen Teil des Palastes.
Von hier aus sehen wir noch nicht, dass der Comares ein Turm ist. Erst als wir durch den Patio hindurch in den Innenhof des Palastbereiches gehen, können wir das erkennen.
El Serallo
Auch im „Serail“ bildet den Mittelpunkt ein Innenhof und wie immer fließt hier Wasser, das beruhigt und kühlt. Wir blicken wieder auf den Comares.
Im Erdgeschoss befindet sich der überaus prächtige Botschaftersaal, der alte Thronsaal.
Im Obergeschoss befanden sich die Schlafräume des Königs und der Zugang zur Turmplattform.
Löwenpalast
Östlich vom Serail ist der Palastbereich mit den privaten Gemächern des Sultans, der Löwenpalast.
Auch hier ist ein Innenhof, der schönste der Anlage. Schließlich war das der intime Bereich des Herrschers. Aus den vier Himmelsrichtungen fließen die Bäche wie aus dem Paradies in die Mitte zum Brunnen, der von 12 Löwen umsäumt wird, die alle wieder Wasser speien. Jeder Löwe trägt andere Züge.
Der Hof wird von 124 Säulen umrahmt, die einem Palmenwald ähneln.
Im Löwenpalast gibt es noch einiges zu sehen, u.a. den Königssaal, den Zwei-Schwestern-Saal, den Ajimeces-Saal und den Aussichtspunkt Lindaraja (oder Daraxa).
Im Königssaal gibt es Außergewöhnliches zu sehen, nämlich Gemälde,die eigentlich im Islam verboten sind. Diese hier stellt die zehn Könige der Alhambra dar. Es gibt deshalb einen Streit darüber, ob die Gemälde in christlicher Zeit entstanden sind.
Vom Lindaraja aus hatte man früher wohl eine herrliche Aussicht auf Granada, Carlos V baute aber einen Burgflügel dazwischen.
El Partal
Wir verlassen den Palast und gehen durch die Hof- und Gartenanlagen. Früher standen hier überall Paläste, erhalten sind nur noch Grundmauern und der Portikus El Patal.
Generalife
Am El Partal vorbei gehen wir zum Haupteingang, um von da aus hinauf zum Generalife zu gehen. Auf dem Weg sieht man schon, dass dieser Palast von Nutzgärten umgeben ist. Auch in der im Bild nicht zu sehenden Schlucht dazwischen liegen Gärten und Felder.
Der Generalife war der Sommerpalast der Herrscher. Er ist kein prachtvoll gestaltetes Gebäude wie der Nasridenpalast, sondern ein schlichter Bau, in dem die Könige Ruhe und Schatten in der heißen Zeit suchten. Die Gärten mit ihrer Bewässerung sind dafür sehr prunkvoll.
Durch das kleine Eingangstor des Generalife kommt man durch zwei kleiner Höfe hindurch erst in den Hauptinnenhof, den Patio de la acequia, den Hof des Bewässerungssystes. Hierher wurde (und wird) Wasser aus dem Dario geleitet und dann in der ganzen Anlage verteilt.
Etwas intimer war dann der Nebenhof, der Patio de la Sultana. So intim, dass hier die Lieblingsfrau des Sultans einen Ritter der Abencerrajes – einem dem Sultan eigentlich treu ergebenen Clan – geküsst haben soll. Dabei wurde sie von einem Diener beobachtet, der das dem Sultan berichtete. Der Sultan war darüber so erbost, dass er den ganzen Clan zu einem Festmahl einlud und alle hinrichten ließ. Das soll im nach diesem Ereignis benannten Sala de los Abencerrajes (siehe oben, im Löwenpalast) geschehen sein.
Das Techtelmechtel soll unter der Zypresse stattgefunden haben, die heute noch im Garten steht. Wer genau hinsieht, entdeckt links davon die Hinweiskachel mit der Inschrift „Die Legende besagt, dass diese Zypresse der Sultanin ein Zeuge der Liebesbeziehung eines Abencerraje-Ritters und Boabdils Frau war“.
Über Treppen kann man noch weiter hinaufsteigen. Das Geländer wird von plätschernden Wasserläufen gebildet.
Auf dem Rückweg sehen wir hinüber zur Alhambra.
Eigentlich hatte ich geplant, nun den Berg hinunter zu spazieren zur Kathedrale und dann von dieser aus zum Darro zu gehen. Aber Bitte um Nachsicht: wir sind so erschöpft, dass wir das nicht mehr schaffen. Unterhalb der Alhambra essen wir eine Kleinigkeit, dann steigen wir wieder in den Bus 31.
Mit dem kann man übrigens eine kleine Stadtrundfahrt machen, auf der es viel zu sehen gibt. Jetzt fährt er uns durch das enge Ufergässchen des Darro.
Abendspaziergang
Nach einem kleinen Mittagsschlaf und einem erfrischenden Bad im Pool brechen wir dann aber noch einmal für einen Rundgang auf.
Calderería Nueva
Wir gehen durch das Albaicìn hinunter Richtung Kathedrale. Der Weg führt durch die Calle Calderería Nueva, einem engen Einkaufssträßchen, in dem der maurische Einfluss noch lebt.
Kathedrale
Hinter der Kathedrale liegt die Königskapelle, in der die Katholischen Könige Isabella und Ferdinand begraben sind.
Wir gehen weiter über die C. Gran Via de Colon, eine der Hauptstraßen Granadas, abends schön anzusehen. Erstaunt sehen wir, dass Gingko-Bäume die Straße säumen. Ich habe das noch nie gesehen, obwohl es das wohl häufiger gibt. Gingkos sind nämlich besonders resistent gegenüber fast allem, was Bäumen schaden kann, eignen sich also gut für eine so viel befahrene Straße.
Am Plaza Isabel La Catolica biegen wir ab und ein paar Schritte weiter hinter der Plaza Nueva beginnt der Darro. Das heißt natürlich, eigentlich endet er hier. Eine Tatsache, die mir erst beim Sichten des Fotos auffällt.
Die beiden links im Bild auf der Steinbank sitzen vor dem Darro, der an dieser Stelle in den Untergrund geht. Erst nach 1.6 km, an der Römischen Brücke kommt er wieder zum Vorschein, aber nur um dort in den Gentil zu münden. So etwas kennt man ja auch aus manchen deutschen Städten, so wurde 1986 die Nahe in Idar-Oberstein einbetoniert. Die Überbauung des Darro erfolgte hingegen schon im 19. Jahrhundert, vor allem um die Plaza Nueva erweitern zu können.
Wo die Carrera de Darro endet und in den Paseo de los Tristes mündet, bekommen wir tatsächlich einen Platz im Freien. Erst gab es keinen und wir waren schon dabei, uns in den Innenraum des Ruta del Azafrán zu setzen, als der Kellner hinter uns herrannte und uns nach draußen rief, ein Platz sei frei geworden.
Am zweiten Abend sitzen wir also hier am Ufer des Darro. Wir haben nicht viel von Granada gesehen, aber ich bin sicher, dass die beiden Plätze, an denen wir die Abendstunden genießen konnten – gestern am Mirador de San Nicolas und heute am Ufer des Darro – zu den schönsten Plätzen Granadas gehören.
Von Traurigkeit ist hier keine Spur. Die Straße heißt aber auch nicht wirklich Weg der Traurigen, sondern Paseo del Padre Manjó. Den Beinamen, unter der sie die wohl bekannteste Straße Granadas ist, bekam sie, weil sich wohl im 19. Jahrhundert die Trauergäste oft weigerten, den Weg weiter zum hoch am Berg gelegenen Friedhof mitzugehen und sich hier verabschiedeten.
Man blickt von hier auf die Alhambra und den Generalife. Direkt gegenüber steht ein imposantes Gebäude. Wieder muss ich lange recherchieren: es ist die „Villa Rheuma“. Es wurde als Hotel gebaut, aber die Gäste hielten es dort wegen der Feuchtigkeit und Kälte in den Räumen des im Schatten der Hügel gelegenen Hauses nicht aus. Später zog dort noch einmal – ausgerechnet – eine Klinik für Rheumakranke ein. Man sagt, die Geister der so Gequälten spukten noch immer am Darro.
Wir verabschieden uns mit dem Blick auf die Alhambra. Wieder führt uns der Bus 31 hinauf ins Albaicin – und leider wieder ein ganzes Stück hinunter, weil wir den Ausstieg verpassen. So gehen wir noch ein letztes Mal an San Nicolas vorbei durch die Stufen des Albaicìn zu unserem Hotel.
Unsere Andalusienreise
Es folgen noch:
Tavira (an der Ostalgarve)
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