Die Anreise
Im vollen Flieger starten wir unsere Andalusienreise, um dann aber nicht nach Andalusien zu fliegen, sondern dicht daneben, nach Faro an der Algarve. Östlich Faros, in Tavira, wollen wir ja sieben Tage Badeurlaub anhängen und so konnten wir dann den Mietwagen am Schluss der Reise auch schnell wieder zurückbringen.
So ein Grenzübertritt ist nicht ohne weiteres möglich, das muss man beim Buchen beachten und ist auch meist nicht kostenlos. Das ging aber alles recht problemlos.
Die Übernahme beginnt mit einer Überraschung. Wir hatten mit einem kleineren Wagen gerechnet, bekommen aber einen BMW 516 Kombi. Das ist toll, auf den ersten Blick. Er bietet nämlich genügend Kofferraum für das ganze Gepäck. Bei einer Rundreise, bei der man immer auch unterwegs etwas ansehen will, ist ansonsten immer Gepäck auch sichtbar. In Spanien und überall nicht unbedingt empfehlenswert. Und natürlich bietet ein solches Gefährt einen viel höheren Fahrkomfort. Später werden wir einen extremen Nachteil erkennen, aber dazu erst in einem späteren Beitrag.
Maut
Weil wir erst am späteren Nachmittag ankommen, fahren wir auf dem schnellsten Weg zu unserer ersten Unterkunft ganz im Südwesten Andalusiens.
Auf der Fahrt über die 60 km Autobahn bis zur spanischen Grenze die zweite Überraschung. Bei der Mietwagenübernahme wurden wir gefragt, ob wir gegen eine Gebühr das Toll-System aktivieren wollen, also das automatische Abbuchen der Maut. Da wir ja nur 7 Tage in Portugal sein wollen und in dieser Zeit nicht mehr die Autobahn benutzen wollen, hatten wir das verneint. Dumm wie ich bin, war ich davon ausgegangen, dass man unterwegs dann an einer Station mit Kreditkarte zahlen kann. Konnte man aber nicht. Bis zum Ende der Reise musste ich abwarten, was das bedeutete und las dazu, dass der Vermieter in diesem Fall die Mautgebühr zuzüglich 26 € Verwaltungskosten (pro Mautbuchung, und auf der kurzen Strecke hatte ich vier gezählt). Aber weshalb auch immer, wir mussten am Ende dafür nichts bezahlen.
Punta Umbria
Punta Umbria ist kein besonders schöner Ort, wir haben ihn als Ausgangspunkt gewählt, weil er schnell zu erreichen ist und relativ nahe zum Parque Nacional de Doñana liegt, den wir gerne besuchen wollen. Zudem grenzt er an ein anderes kleines Naturschutzgebiet, die Marismas del Odiel. Wir wohnen im Stadtteil El Portil. Für den Abend hatte ich schon einen Spaziergang rund um eine nahegelegene Lagune geplant, dafür war es dann aber zu spät.
Stattdessen fahren wir zum Abendessen ins nahegelegene El Rompido. Das Restaurant Doña Gamba ist wohl irgendwie typisch für diesen Ort. Es liegt direkt bei den beiden Leuchttürmen, um die der ursprünglich einmal kleine Fischereihafen sich früher gruppierte. Heute ist dort ein Einkaufszentrum, das allerdings aus verschiedenen kleinen Häuschen besteht und das Restaurant ist eines davon. Wir sitzen dort schön und essen den ersten guten Fisch.
Nach unserem Ausflug zum Doñana am nächsten Tag fahren wir abends an den Strand nach Punta Umbria und essen dort zu Abend.
Unsere Unterkunft ist ein Bed and Breakfast, in dem wir überaus freundlich empfangen werden. Das Zimmer ist nicht sehr groß, hat dafür aber eine riesengroße Terrasse, auf der wir abends noch schön sitzen können. Das Haus ist sehr liebevoll gestaltet und wir bekommen ein sehr schönes Frühstück mit Liebe serviert.
Nationalpark Doñana
Am nächsten Tag fahren wir in den Nationalpark Doñana. Das ist ein riesiger Nationalpark von 540 km2, dazu kommen noch einmal 680 km2 geschützter Naturpark. Der Park ist Spaniens größtes und wichtigstes Feuchtgebiet. Millionen von Zugvögeln überwintern hier und es gibt eine einzigartig vielfältige Fauna und Flora.
Man darf den Park nur betreten mit organisierten zweistündigen Ausflügen per Unimog oder auch mit einem Schiff auf dem Guadalquivir, der ihn in der östlichsten Ecke durchquert. An drei Besucherstationen gibt es Wanderrundwege. Wir entschließen uns zu dieser Variante und gehen den Charco de la Boca von der Besucherstation La Rocina aus.
Die Aussichtsstellen sind gut geschützt, sodass wir möglichst wenig Unruhe in die Tierwelt bringen. Trotz des kleinen Ausgucks haben wir eine tolle Sicht.
El Rocio
Ganz in der Nähe liegt der Wallfahrtsort El Rocio. Wären wir 14 Tage später hier gewesen, wäre die Hölle – Verzeihung, natürlich eher das Gegenteil – hier los gewesen. Über Pfingsten kommen hier eine Million Pilger her, um die Heilige Jungfrau von El Rocio zu verehren. Sie folgen den traditionellen Pilgerwegen – wie wir seinerzeit auf dem Caminho Portugués.
Da wir über Pfingsten tatsächlich auf unserer Reise in der Nähe vorbeikamen, hatten wir natürlich überlegt, ob man diese einmalige Gelegenheit wahrnehmen sollte. Aber die Gedanken haben wir schnell wieder verworfen, es wäre kein Durchkommen geschweige denn eine Übernachtung in der Umgebung möglich gewesen. So bleibt es bei einem Besuch in der kleinen Stadt, die allein von und für dieses jährliche Ereignis lebt.
Das Städtchen ähnelt einer Wildwest-Stadt. Es gibt keine festen Straßen, nur staubige Wege.
Jerez de La Frontera
Nach zwei Nächten in Punta Umbria fahren wir weiter nach Jerez de La Frontera, unserer nächsten Station für zwei Nächte. Die Strecke führt über Sevilla, was wir aber erst als letzte Station der Rundreise besuchen werden. Aus Jerez, wie es auch kurz genannt wird, und einer kleinen Region um die Stadt herum kommt der Sherry. Den will man hier aber nicht kennen, sondern genießt den Vino Jerez.
Wir übernachten im Hotel Tio Pepe. Tio Pepe ist der meistverkaufte Sherry weltweit, bekannt durch sein Markenzeichen, den Mann mit andalusischer roter Jacke, rotem Hut und Gitarre.
Das Hotel liegt direkt an der Kathedrale, ein paar Schritte von der schönen Altstadt entfernt. Mittags sind wir schon da, stellen das Auto in einem Parkhaus ab und können einen ersten kleinen Rundgang machen. Danach können wir aus dem erfrischenden Nass heraus die Kathedrale bewundern.
Von der Dachterrasse des Hotels aus hat man auch einen tollen Rundblick und zum ersten Mal sehen wir hier die wunderbar anzusehenden blau blühenden Bäume, denen wir überall in Andalusien begegnen werden. Es sind Jacarandabäume, die ursprünglich aus Südamerika stammen.
Für den zweiten Tag hatten wir offengehalten, ob wir ins nahegelegene Cadiz fahren oder den Tag in Jerez verbringen. Wir entschieden uns für Letzteres und verzichteten auf das sehr sehenswerte Cadiz. Leider mussten wir auch auf einen Besuch in der Königlich-Andalusischen Reitschule verzichten. Aber auch so war der Tag mit einem Stadtrundgang, einer Führung durch die Bodega González Byass (zu der Tio Pepe gehört), einem Besuch in einer kleinen Flamenco-Bar und dem krönenden Abschluss in einer Tabanco mehr als ausgefüllt.
Ein kleiner Rundgang
Natürlich beginnen wir vor der Kathedrale. Die Kathedrale wurde auf dem Grund der maurischen Moschee von Jerez in einer Mischung aus Barock und Gotik errichtet. Der frei stehende Glockenturm ersetzte das Minarett.
Um die Ecke wurde dem Gründer von González Byass – und dem Vino de Jerez – ein Denkmal gesetzt.
Ein paar Schritte weiter geht es durch die Gärten des Alcázar de Jerez.
Auf der anderen Seite kommt man in die Altstadt und nach ein paar Metern an einer kleinen Flamencobar, dem Tabanco a la Feria, vorbei, in die wir dann abends gehen und einen authentischen Flamencoauftritt erleben. Wir zahlen keinen Eintritt, müssen nur für einen geringen Mindestbetrag essen und trinken. Als wir da sind, ist noch nicht die Hauptvorführung, dafür wird sich der Tabanco dann füllen.
Wieder ein paar Schritte weiter kommen wir und zum beliebtesten Platz von Jerez, dem Plaza del Arenal.
Hier ist sehr viel Betrieb, überall sitzen Menschen vor den vielen Lokalen. Am ersten Tag wollen wir mittags eine Kleinigkeit essen und finden hier vielleicht das ursprünglichste der Lokale an diesem Platz, die Taberna Arenal. Nein, „Tapas gibt es nur an der Bar“ lernen wir und das gilt in Andalusien fast immer. Die Tapas, kleine Portionen, bekommt man an der Bar. Häufig sogar bekommt man Tapas dazu, wenn man an der Bar etwas zu trinken bestellt. Am Tisch kann man meist 1/2 und oder ganze Portionen bestellen.
Es ist schön durch die Gassen der Altstadt zu schlendern. Wie wir im Rückblick feststellen, ist Jerez de La Frontera vielleicht die „andalusischste“ der Städte, die wir besuchen. Es herrscht Betriebsamkeit, aber keine Hektik. Überall laden kleine Lokale zum Verweilen ein, ohne allzu touristisch zu wirken.
Tagsüber hatten wir ja die Bodega besucht, viel über den Vino de Jerez gelernt und auch schon welche probieren können und dann ist es natürlich Gesetz, dass man in Jerez zum Abschluss des Abends in einen Tabanco geht. Wer noch nicht in Jerez (oder in der Umgebung war) will wissen, was Tabancos sind. Der Name entstand im 17 Jahrhundert wohl aus einer Zusammenfügung von „estanco“ (ein staatlich kontrolliertes Geschäft) und „tabaco“ (Tabak) entstanden. Es waren kleine mit Bars verknüpfte Läden, in denen Tabak und Sherry vom Fass verkauft wurde, oft Flamenco gespielt wurde und auch oft kleine Speisen verkauft wurden. Sie drohten im 20. Jahrhundert auszusterben, die Tradition wurde von jungen AndalusierInnen wiederbelebt und heute sind die kleinen Tabancos in Jerez beliebte abendliche Treffpunkte.
Der bekannteste Tabanco, der El Pasaje, hat zu und so gehen wir in das Las Banderillas, was wir nicht bereuen, probieren einige Vinos und essen natürlich den Stierschwanz, den es hier gibt.
Bodega Tio Pepe
Bodegas sindWeinkellereien und -handlungen. Im Sherrydreieck zwischen den Städten Sanlúcar de Barrameda, El Puerto de Santa María und Jerez de la Frontera, dem einzigen Platz auf der Welt, wo Sherry produziert wird, ist es natürlich Pflicht, eine Bodega zu besuchen, sich über die aufwändige Herstellung zu informieren und einige Weine zu kosten. Ich wusste fast alles schon einmal, weil ich mit meiner Tochter für die Prüfung als Hotelfachfrau gebüffelt habe, aber das meiste ist dann natürlich wieder in Vergessenheit geraten.
Wir wohnen bei Tio Pepe sehr schön und beim ersten Abendessen haben wir schon einen Blick in das private Sträßchen – eines der schönsten in Jerez – werfen können, das als Privatweg das Hotel mit der Bodega verbindet.
Tio Pepe ist ja eine Marke von Gonzales Byass, dessen Gut wir besichtigen. Der Name zeigt bereits etwas von der Tradition des Sherrys. Gonzalez gründete die Firma und wurde dabei von seinem Onkel unterstützt, dem zu Ehren er seine Marke Tio Pepe (Onkel Pepe) nannte. Er schloss sich mit dem englischen Agenten Byass zusammen. England war und ist bei weitem das Hauptabnahmeland des Weins. Sherry wurde bereits seit dem 12. Jahrhundert nach England exportiert. Schon Columbus brachte ihn nach Amerika, wo er der erste Wein überhaupt war. Im frühen 19. Jahrhundert boomte der Export.
Das Anwesen ist so groß, dass wir mit einem kleinen Zug zu den einzelnen Standorten gefahren werden. Eine sehr kompetente und gut deutsch sprechende Führerin erklärt uns schlichtweg alles, was man über Sherry und die Geschichte von Gonzales Byass wissen muss.
Den Begriff Sherry haben die englischen Händler nach der alten Aussprache des Stadtnamens Xeres Scherres geprägt. Kurzgesagt wird der Wein aus einem Grundwein hergestellt, dem nach der Gärung Alkohol zugesetzt wird
Danach altert der Wein entweder unter einer Florschicht (Hefe) oder ohne diese Schicht mehrere Jahre, wobei immer wieder ein Teil des Weines umgeschichtet wird. Der schließlich abzufüllende Wein wird aus dem ältesten Fass genommen und neuere Weine werden zugesetzt. Dabei werden die Fässer niemals leer und es wird eine weitgehend gleiche Geschmacksrichtung erzeugt.
Der Grundwein des Sherry, der Fino, ist immer hellgelb und trocken. Er ist immer ein Weißwein, hergestellt aus drei Traubensorten Palomino, Moscatel und Pedro Ximénez. Je dunkler der Sherry gefärbt ist, umso süßlicher ist er. Auch Brandy wird daraus hergestellt.
Faszinierend ist die Lagerung. Hier wurden ab dem 18. Jahrhundert Lagerhallen im Dom-Stil gebaut. Große, mit Säulen und Kuppeln errichtete Hallen mit sehr dicken Wänden und kleinen Fenstern. So wird selbst in der Sommerhitze Andalusiens eine gleichbleibende kühle Temperatur gehalten.
Hunderte von Fässern sind Besuchern gewidmet. Hier war schon alles, was in der Welt Rang und Namen hat.
Wir fahren durch den schönen Park, den die Ehefrau des Gründers angelegt hat.
Natürlich muss man auch die Geschichte der Betrunkenen Maus erzählen. Es gibt zwei Varianten. Die erste, dass den Kellermeister störte, dass die Mäuse immer versuchten, die Fässer anzuknabbern. Die zweite, schönere, dass er Erbarmen mit den armen Mäusen hatte, die keinen Sherry trinken können.
Jedenfalls: seit langer Zeit wird täglich (!) ein frisches Glas Vino Jerez mit einer kleinen Leiter bereitgestellt, dass auch die Mäuse das köstliche Getränk genießen können.
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Es folgen noch:
Tavira (an der Ostalgarve)
Margarete Hallaschka 20. Juni 2022
Eine beeindruckende Reise mit wunderbaren Fotos!. Danke.
hpp 5. Juli 2022 — Autor der Seiten
Danke für Deinen netten Kommentar.
Margarete Hallaschks 20. Juni 2022
Eine beeindruckende Reise mit wunderbaren Fotos!. Danke.