Zuerst veröffentlicht am 26. November 2005
Dieser Beitrag erschien in meinem Blog vor 15 Jahren. Es passt gut, dass heute wieder ein Samstag ist. Inzwischen hat sich einiges geändert:
Seit über 4 Jahren bin ich im Ruhestand und lebe jetzt ganz in Wetzlar. Von den beiden Buchläden gibt es nur noch einen und der Blumenhändler mit seiner schönen Freundin und seinen schönen Blumen kommt nicht mehr auf den Markt.
Der Samstag unterscheidet wich jetzt nicht mehr groß von anderen Tagen, schon gar nicht in Coronazeiten. Auf den Markt gehen wir noch immer. Daran, dass ich sonntags meist koche, hat sich nichts geändert.
Was den Samstag von anderen Tagen unterscheidet, sind Kleinigkeiten:
Es gibt ein anderes Frühstück. Während wir unter der Woche Müsli essen, macht die Liebste ein reichhaltiges Frühstück mit einem Morgengruß.
Die Zeitung ist dicker also sonst, so habe ich etwas mehr zu lesen.
Oft bereite ich schon etwas für das Sonntagessen vor, damit das Kochen dann nicht allzu hektisch wird.
Und abends gibt es kein „Perfektes Dinner“, das wir fast immer gucken.
Ich muss gestehen, etwas Wehmut befällt mich, wenn ich den Beitrag von 2005 lese:
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Der Samstag ist zur Zeit der Tag, den ich wohl am meisten mag. Nicht etwa, weil es mein „freier“ Tag ist. Mein freier Tag ist, wie der Name sagt, der Freitag. Die meisten Pfarrer – für die, die das Profil nicht so genau lesen: einer von dieser Art bin ich auch – nehmen den wohl montags, aber deshalb ist er vollgestopft mit Konferenzen und ähnlichen wichtigen Dingen
Es wird getagt, aber es dämmert erst langsam
Karl Barth
Also hab ich Freitag meinen freien Tag, an dem ich meistens aber doch arbeite. Gestern zum Beispiel kurz vor 8 mit unserem wunderbaren Hausmeister getroffen, um in der Metro die letzten Einkäufe für unseren Bazar am Sonntag zu machen, dann die Lieder herausgesucht für den Gottesdienst am Sonntag, ein vierseitiges Liedblatt erstellt, dem Organisten gemailt, mit der Heizungsbaufirma wegen der immer noch nicht funktionierenden Kirchenheizung mehrmals telefoniert und noch einiges getan, was nicht unbedingt zu einem freien Tag gehört.
Der Samstag hingegen ist Arbeitstag. Aber einer, wie er schöner nicht sein könnte. Denn ihn verbringe ich hier bei meiner Liebsten in Wetzlar. Morgens, gleich nach dem wunderbaren Frühstück, setzte ich mich an den PC und fange an, den Gottesdienst in Ruhe vorzubereiten.
Ganz ungestört von Telefonanrufen oder lästigen Unterbrechungen. Wohlgemerkt: von lästigen, denn Unterbrechungen anderer Art liebe ich. Ab und zu kommt zum Beispiel meine Liebste herein und küsst mich. Das beflügelt 🙂
Dann arbeitet sie weiter an ihrem Hausputz, den sie viel lieber macht, wenn ich da bin. Irgendwann fahren wir dann in die Stadt, um die Blumen für die Kirche zu besorgen (das macht bei uns der Pfarrer – und seine Liebste). Heute müssen wir auch noch Kerzen für die Kinder beim „Gottesdienst für Klein und Groß“ am Adventssonntag besorgen. Etwas spät, ich gestehe, aber ich bin seit fast einer Woche krank. Eigentlich immer noch, was man bei dem Freitagsprogramm nicht glauben sollte oder vielleicht auch von daher verständlich ist. Du siehst, manchmal klage ich gerne…
Zurück zu den Blumen: meistens fahren wir dafür auf den schönen Markt in der Wetzlarer Altstadt direkt vor dem Dom. Ein sympathischer Holländer (einer aus Norddeutschland, nur seine Blumen kommen aus Holland) mit einer schönen Freundin verkauft da ebenfalls schöne Blumen zu einem in Frankfurt nicht üblichen Preis. Heute müssen wir da gar nicht erst hin, weil er bei solchem Schneewetter nicht von Holland herunter (hmmm, herauf heißt das wohl) kommt.
Manchmal oder vielleicht auch meistens verbinden wir das mit einem Besuch in einer der beiden schönen Buchhandlungen und immer wieder mal mit einer Schokolade in der schönen Wetzlarer Chocolaterie. Danach gehen wir oft noch einmal auf den Friedhof zu Kind und Mann meiner Liebsten. Auf dem Rückweg machen wir noch unsere Einkäufe bei Schwarz, dem großen Wetzlarer Naturkostladen, wo es alles gibt. Während meine Liebste das Mittagessen vorbereitet (das mach ich dafür am Sonntag, jedenfalls oft), sitze ich wieder an meiner Gottesdienstvorbereitung.
Und zwischendurch bleibt dann sogar noch Zeit für einen neuen Eintrag hier im Blog. Wenn mir nur etwas einfallen würde!!!
Ein kleines Mittagsschläfchen gehört meistens auch noch zum Samstag, danach fahren wir zurück nach Frankfurt, um dann am Sonntag zusammen in den Gottesdienst zu gehen. Heute Abend gibt es noch ein schönes Konzert bei uns in der hoffentlich einigermaßen warmen Kirche. Ist das nicht ein wunderbarer Samstag?
Ich liebe solche Samstage. Eine wohltuende Mischung aus Arbeit, gemeinsamen Erleben, Pause und Konzentration. Deshalb gehöre ich zu den – glaube ich – wenigen Pfarrern, die nicht über die fehlenden freien Tage lamentieren. Getrost arbeite ich an meinem freien Tag und gönne mir einen wunderbaren Arbeitstag.
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Ich habe noch mehr über den Samstag geschrieben. Lies doch mal.
Tara-Anne 27. November 2005
Wunderbar und zauberhaft, dieser kleine Einblick in dein „Privates“, das von früher und von heute.
Und übrigens, hier in Deutschlands Norden, in der katholischen Provinz Südoldenburg, werden immer noch Samstag Mittag die Höfe, Gehsteige und Vorgärten gefegt und aufgeräumt. und Mittags gibt es Eintopf, hier heißt das ‚Gemeus‘., auch wenn in den letzten Jahren zumindest bei mir, die Spaghetti bolognese den Gemüseeintopf abgelöst haben. Danke für den liebevoll erzählten Bericht. Adventliche Grüße schickt dir Anne