Das ist ein so bescheidner Mensch,
den mag ein jeder leiden.
Wenn dies sein einzger Vorzug ist,
worauf ist er bescheiden?Mascha Kaléko
Noch einmal zu Hoffart und Demut:
Es gibt natürlich auch eine innere „Hoffart“. Dass man sich im Grunde besser fühlt als andere. Der Vorteil dieser inneren Überheblichkeit ist, dass sie nie auf die Probe gestellt werden muss, weil ja niemand von ihr weiß. Außer ich halt selbst.
Zwei kleine jüdische Anekdoten erzählen, wie man sich dann doch manchmal verrät:
Ein berühmter alter Zaddik („Gerechter“) wurde vor versammelter Gemeinde von einem Rabbiner gepriesen, der sich von Minute zu Minute mehr in Begeisterung redete:
„…Unser geliebter Zaddik ist ein Mann vom solcher Weisheit,
dass sogar die weisesten Gelehrten zu seinen Füßen sitzen.
Seine Güte lasst Alt und Jung bei ihm Rat suchen,
seine Rechtschaffenheit ist ein Vorbild für Männer wie Frauen,
er hat soviel Verständnis für menschliche Probleme,
dass selbst die Heiligen ihm ihre innersten Gedanken anvertrauen,
er hat …“An dieser Stelle zupft der alte Mann den Redner an Ärmel und flüstert:
„Vergessen Sie meine Demut und Bescheidenheit nicht!“
Während des Jom-Kippur-Gottesdienstes schlägt ein echter Knocker („Angeber“)sich auf die Brust, betet und schreit schließlich in höchster Verzückung:
„Ich bin deiner unwürdig, Herr!
Ich bin ein No-goodnik, ein Niemand, ein Nichts!“Neben ihm steht ein bettelarmer Schammes (Gemeindediener) und betet. Auch er schlägt sich an die Brust und ruft:
„Vergib mir, Herr, ich bin ein Nichts“
Daraufhin dreht sich der Knaker empört zu ihm um:
„Das ist ja wohl das Letzte, dass Du Dich ein Nichts nennst“.
Im Poesie-Album meiner Mutter fand ich den Rat
Sei wie das Veilchen im Moose,
bescheiden, sittsam und rein
und nicht wie die stolze Rose,
die nur bewundert will sein.
Dazu nochmal Mascha Kalekó:
Das Veilchen zart und violett,
War Ehrengast auf dem Bankett,
Und jeder rühmte seine Tugend,
Und seine Schönheit, seine Jugend.Das Veilchen drauf,
mit scheuer Miene,
Ihr lobt mich mehr
als ich verdiene.Doch eine Tugend,
die mich ziert,
Die habt ihr alle
ignoriert.Verbeugte sich nach edlem Brauch,
Und sprach: Bescheiden – bin ich auch.Mascha Kalekó
Im Übrigen: Nehmen Sie die Überschrift nicht so ernst. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass Bescheidenheit sehr wohl eine Alternative ist. Leider ist sie nicht erlernbar.
Die beiden jüdischen Anekdoten stammen aus:
Leo Rosten: Jiddisch. Eine kleine Enzyklopädie. DTV München 1962
Anonymous 28. April 2010
🙂
Diese Geschichten erinnern mich an die Musik von Karsten Troyke…sollte man sich unbedingt mal anhören…
ich habe unter You Tube als augenzauber und als sonnenmutter einige eingestellt
etoile-filante 28. April 2010
danke für das erste gelächter dieses blogmorgens!