… es sei dennn, sie hätten ihn. So sagte ich mir, als ich vor nunmehr genau 30 Jahren diese Stadt meiner ersten Lehr- und Wanderjahre mehr oder weniger fluchtartig verließ.
Aber der Übeltäter kehrt immer wieder an den Ort seiner Schandtaten zurück und voller Stolz zeigte ich meiner Liebsten, die noch nie in diesem Leben in Nürnberg gewesen war, diese Stadt.
Naja, was man so in einem halben Tag zu Fuß angucken kann, wenn man erstens dabei auch noch einen kleinen Einkaufsbummel machen will und zweitens unbedingt bei dem gleichen Griechen Mittag essen will, bei dem man so oft abends im lauschigen Biergärtchen gesessen hat.
Wussten Sie, dass den Nürnbergern dieser Satz anhaftet, seit der Raubritter Eppelein von Gailingen sich gerade noch durch einen kühnen Sptrung mit dem Pferd über die Mauer in den Burggraben aus der Henkersschlinge retten konnte?
In der Legende spielt Eppelein von Gailingen fast in der gleichen Liga wie Schinderhannes, Klaus Störtebeker oder Robin Hood. Viel weiß man nicht von ihm, aber er muss ein ziemlich trinkfester, witziger und gerne mal ein Techtelmechtel eingehender Ritter gewesen sein.
Immerhin hat ihm der Sprung noch fast 10 Jahre Zeit zu einem schönen Leben gegeben, bis dann Nürnberger Söldner ihn – natürlich bei einem Zechgelage – doch noch gefangen und schließlich ziemlich barbarisch gerädert haben.
Soviel zu den Nürnbergern.
Einen Reiter ganz anderer Art gibt es in Bamberg zu sehen, da steht er mitten im Dom, hat sein Pferd angehalten und blickt auf die (frühere) Grabstätte der Hl. Kaiser Heinrich und Kunigunde. Immerhin seit ca. 1225 steht er da unverrückt, nur die Farbe haben sie ihm genommen.
Sie wissen schon, was ich in einer Stadt unbedingt gesehen haben muss – denken Sie nur an den Griechen in Nürnberg. Und so führte ich meine Liebste zum Schlenkerla. Das gibts auch schon seit ungefähr 1400. Ich war aber 1975 zum ersten Mal dort und hab das Aecht Schlenkerla Rauchbier getrunken. Muss sein in Bamberg. Schlenkerla heißt es aber erst seit 1877 nach dem Besitzer,
weil er gern mit seina Orm a wengla gschlenkert hot, drum hom’s ihn Schlenkerla getauft aus Übermut und Spott
Die Fränkische Schweiz, hätte mein Mathematiklehrer selig gesagt, ist der geometrische Ort aller Punkte, die in einem Dreieck zwischen Nürnberg, Bamberg und Bayreuth liegen. Bayreuth ist zuviel für unsere knapp vier Tage, haben wir uns gedacht. Wagner mögen wir nicht besonders und auf eine Karte muss man 10 Jahre warten.
Also haben wir uns Ebermannstadt (komischer Name, den Darmstädtern reicht Eberstadt) einquartiert und vor allem das romantische Wisenttal anggeguckt.
Meiner Liebsten hatte ich praktischerweise zu Ostern einen Reiseführer geschenkt. Und was mach ich Dappes? Ich lasse ihn in Forchheim liegen. Ich wusste nicht wo, es konnte eigentlich nur bei Tchibo, wo wir uns schnell mal zwei Weingläser für abends gekauft haben, gewesen sein. Vielleicht auch in Müllers Drogeriemarkt.
Jedenfalls wir am nächsten Morgen schnell noch mal, weil wir sowieso vorbeikamen, in das schöne Forchheim rein, nochmal zu Tchibo. Nein. Zu Müllers. Nein. Kann man nix machen.
Und nun müssen Sie wissen, ich habe ein visuelles Gedächtnis. Wir kommen bei Müllers raus, ich guck auf die Straße, seh das Bächela, dass da durch Forchheim fließt und mir fällts wie Schuppen von den Augen: gegenüber hab ich einen Hörtest gemacht vor so einem (was sind das für Läden, Optiker etwa?)… Da habe ich den Reiseführer dazu auf die Ablage gelegt. Und wie ich da hingucke: er liegt noch da!!!
Ich nun einen Riiieeesenschreck bekommen. Weil, stellen Sie sich vor: ich war ja noch auf der anderen Straßenseite und was hätte ich mich geärgert, wenn mir einer den vor der Nase weggenommen hätte. Ich hechte also über die Straße.
Mit Tränen der Rührung in den Augen nahm meine Liebste ihr schönes Geschenk zum zweiten Mal entgegen.
Gerade eben erzählt sie mir jetzt, als sie diese Geschichte ihrer Tochter erzählt habe, hätten sie beide Tränen gelacht. Jetzt befürchte ich, das in Forchheim waren auch schon keine Tränen der Rührung. Aber was macht man nicht alles für seine Liebste.
Die Fragen beim Hörtest waren übrigens ziemlich schwer. Ich hab ihn nicht bestanden.
Die Bilder von unserer kleinen Reise zeige ich Ihnen morgen. Und vielleicht erzähl ich dann sogar noch ein bisschen mehr. Bis dann.
orphelins 23. April 2006
Mist warum hast Du das nicht früher gesagt. Für eine Tasse Kaffee hätte ich sicher Zeit gehabt.
Vor zwei Jahren musste übrigens der gute Eppelein für einen Aprilscherz herhalten. Man hat seine Gebeine mitsamt dem Pferd bei Ausgrabungsarbeiten an der Burg gefunden. Es war erstaunlich wieviele Menschen an diesem Tag zur Besichtigung kamen. ;D
jahreszeiten 24. April 2006
Ja, wenn ich das gewusst hätte. Aber wie kann ich ahnen, dass du aus der Gegend kommst? Vielleicht sind wir uns ja begegnet 🙂
orphelins 24. April 2006
Lezte Woche hätte es ohnehin nicht geklappt, da hab ich mich am Jakobsweg versucht. Aber lustig wäre es schon gewesen wenn wir aneinander vorbeigegangen wären ohne uns zu erkennen.