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Ja, ich bewundere Gysi. Und Biermann.

Krank wie ich gerade bin, konnte ich heute vom Bett aus die Feierstunde des Bundestages zum Mauerfall vor 25 Jahren angucken.

Im Großen und Ganzen war sie so, wie ich es erwartet hatte: staatstragend. Die Reden wiederholten, was wir seit Tagen im Fernsehen sehen, wo immer wieder an diese ja wirklich aufregenden Tage erinnert wird. Zum Teil etwas auf die Tränendrüse gedrückt, auch auf die eigene. Die von allen – nach meiner Wahrnehmung – gesungene Nationalhymne kunstvoller inszeniert.

Den dramaturgischen Höhepunkt bildete die kurze Rede von Wolf Biermann. Beeindruckend – aber misslungen. Eine wirre Rede mit nur einem Inhalt „Ich Drachentöter – Du elender Rest“.

Eigentlich sollte Biermann gar nicht reden, nur singen. Dass Biermann nie „nur singt“ weiß man. Das kleine „Scharmützel“ zwischen Lammert und ihm war wohl eher eine vorgesehene Regieanweisung. Pro forma gerügt, entlastete Biermann Lammert von seiner Geschäftsordnungsverantwortung.

Es kam dennoch zu keinem Eklat. Der Begriff wurde zwar schon in der ARD-Ankündigung verwendet und dann von den Medien aufgegriffen. Nein, von einzelnen Zwischenrufen abgesehen, blieb alles ruhig.

Wirr war vor allem die Diskrepanz zwischen Ankündigung und Inhalt. „Den Drachen habe ich längst getötet. Auf Tote einschlagen, das wäre unanständig“. So ähnlich hatte er es noch vor dem Auftritt gesagt.

Hätte er es dabei belassen, wäre es gut gewesen. Aber stattdessen erklärte er erst den Drachen für tot, um ihn dann doch noch zuzuschlagen. Mit immer gleichen Worten.

Nein, kein gelungener Auftritt, lieber Wolf Biermann. Das einzige, was man ihm zu gute halten kann, ist, dass er nun einmal so ist. Ein authentischer Mensch, manchmal poetisch, manchmal musikalisch. Immer standhaft.

Dass es zu keinem Eklat kam, ist vor allem Gregor Gysi zugute zu halten. Der ist ein Meister des Wortes. Ich bin sicher, er musste sehr an sich halten, um nicht wesentlich wortgeschliffener den Drachenkampf aufzunehmen.

Seine Rede war von Sachlichkeit geprägt. Sie ist in der Berichterstattung untergegangen. Dabei enthielt sie zum Beispiel das Bekenntnis „Nein, die DDR war kein Rechtsstaat“.

Er beschränkte sich darauf, daran zu erinnern, dass es einige – wenige – Dinge gibt, die die ehemaligen Bürgerinnen und Bürger im Osten als besser empfanden.

Gysi hätte anders gekonnt. Nicht umsonst wurde er zum besten Redner des Wahlkampfs 2013 gekürt. Aber eing guter Redner weiß auch,, was wann geht. Mehr wäre an diesem Tag nicht gegangen.

So gab es auch bei seiner Rede keinen Eklat. Keine Buhrufe. Keine Beleidigungen. Gemeinsam die Nationalhymne gesungen, die einen vielleicht etwas zähneknirschend, wenn das geht.

Im Internet, auf Twitter, vor allem tobt inzwischen der Kampf. Biermann wird aufs Übelste beschimpft. Gysi auch. Beide haben das nicht verdient.

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