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Kalenderblatt: ein sensationell mutiges Weib

„Das sensationellste Weib, das Menschenaugen je gesehen haben“, schwärmte Ernest Hemingway, der ja durchaus schon manche Frauen gesehen hatte.

Heute, am 3. Juni vor 104 Jahren, wurde sie unehelich in St. Lous in Missouri geboren. Ihre Mutter verdiente ihr Geld als Wäscherin. Ihr Vater war ein jüdischer Straßenmusiker.

Schon als Kind wurde sie zweimal als Hausmädchen in „Pflege“ gegeben. Einmal ließ man sie fast verhungern, beim zweiten Mal kam der Hausherr nachts in ihr Zimmer.

Mit 11 musste sie ein Rassenpogrom erleben, bei dem an die hundert Schwarze ermordert wurden. Mit 13 wurde sie mit einem wesentlich älteren Mann zwangsverheiratet.

Im gleichen Jahr trat sie zum ersten Mal als Komparsin, mit 16 als Tänzerin auf. Mit 17 tanzte sie am Broadway.

New York galt zwar in den Staaten als tolerante Stadt, aber noch 1951 berichtete der STERN über ihren Besuch in New York:

Josephine Baker, die Negertänzerin, die schon auf ihrem letzten Gastspiel in den amerikanischen Südstaaten die Rassendiskriminierung zu spüren bekommen hatte, erlitt nun auch in dem für seine Rassentoleranz gerühmten New York eine peinliche Abfuhr.

Mit 22 eroberte sie das Pariser Publikum mit ihren Auftritten im Théâtre des Champs-Elysées.

An ihren wahnwitzigen, Zuckungen, wilden Verrenkungen und Luftsprüngen schien der Rhythmus sich zu entzünden… Es war, als fange der Jazz die Schwingungen dieses Körpers im Fluge auf. In dem Pas de deux der Wilden lag eine ungezügelte Brillanz, eine phantastische Vitalität…

So beschrieb der französische Tanzkritiker André Levinson 1925 die Tänzerin Josephine Baker.

Josephine_Baker_4

Ich war nicht wirklich nackt. Ich hatte nur keine Kleider an.
Josephine Baker

Josephine Baker war nicht nur eine unglaublich begabte Tänzerin und Sängerin. Aus den Erfahrungen ihres Lebens zog sie politische und persönliche Konsequenzen.

In Berlin waren die Vorstellungen des „Halbaffen“ von SA-Gruppen gesprengt worden. DER STÜRMER schrieb:

Wer ist Josephine Baker? Die verkörperte Sünde wider das Blut!
Das Produkt rassenschänderischen Beischlafes zweier Menschen, (?) ein Mischling, ein Bastard.
Ihr Vater ist ein Neger und ihre Mutter eine weiße Frau germanischer Herkunft.

Auf der Überfahrt von Amerika nach Frankreich muss sie – weltbekannt – als Farbige auf dem Unterdeck bleiben.

Als die Deutschen in Frankreich einfallen, macht Joséphine Baker ihr inzwischen erworbenes Schloss „Les Milandes“ zu einem Hort des Widerstandes, versteckt Mitglieder der Résistance, schmuggelt Botschaften. Sie macht den Pilotenschein, wurde Leutnant. Sie Nach dem Krieg wurde sie dafür in die Ehrenlegion aufgenommen. Charles de Gaulle verleiht ihr das Goldene Lothringerkreuz.

1963 marschiert sie an der Seite von Martin Luther King nach Washington, neben ihm ist sie die Hauptrednerin der Kundgebung.

Sie ist von dem Gedanken beseelt, ein Beispiel für das Zusammenleben der Völker zu geben und adoptiert nach und nach 12 Kinder alle Hautfarbenschattierungen, ihre „Regenbogensippe“.

Dieses Lebensprojekt in ihrem Schloss ruiniert sie völlig, das Schloss wird schließlich zwangsversteigert. Fürstin Grace von Monaco schenkt ihr schließlich eine kleine Villa.

Ihre autobiograhische Revue „Josephine“ wird 1975 in Paris aufgeführt, begeistert bejubelt und erhält die besten Kritiken ihres Lebens. 4 Tage darauf stirbt sie an einer Gehirnblutung.

Als erste Amerikanerin erhielt sie in Paris ein Staatsbegräbnis und wurde mit 21 Salutschüssen geehrt.

Josefine Baker wäre heute 104 Jahre alt geworden. Sie inszenierte ihr Leben mit Erotik und Humor. Dahinter verbarg sich eine mutige und aufrechten Frau, die Menschlichkeit und Widerstand gegen Diskriminierung und Diktatur lebte.

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3 Kommentare

  1. Maik Hager 8. August 2011

    Lieber jahreszeiten,

    ich habe Ihren Artikel über diese bemerkenswerte Frau mit großem Interesse gelesen, als ich für ein Arbeitsblatt meines Geschichtsgrundkurses recherchiert habe.

    Besonders interessant war für mich der Absatz über die SA, die die Vorstellungen Bakers in Berlin gesprengt haben soll und die rassistischen Bemerkungen des Stürmers über Baker.

    Könnten Sie mir bitte freundlicherweise hierzu die Literaturnachweise nennen, damit ich diese auf meinem Arbeitsblatt ergänzen kann?

    Vielen Dank für Ihre Mühen und mit freundlichen Grüßen aus Berlin

    Maik Hager

  2. Anonymous 3. Juni 2011

    Es weckt die Lebensgeister,es macht Spontan,es födert die Fantasie im Allgemeinen. Oder es macht „Klick“.Aus unmögliches Möglich machen wird hier vorgelebt.Manch einer mag da noch einklingen,aber immer weniger scheint mir.Die Sehnsucht aber kommt wieder danach auf.Es kommt darauf an auf welcher Fährte.Gré Stocker-Boon

  3. Anubis 4. Juni 2010

    Das wusste ich alles gar nicht… Ihr Blog ist doch immer wieder extrem lehrreich! 🙂 Danke

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