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nichtallzufromm

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Über Sieben Brücken musst ich gehn

Manchmal geh‘ ich meine Straße ohne Blick
Manchmal wünsch‘ ich mir mein Schaukelpferd zurück

Mein Leben
Mein Leben

Diese Woche bin ich siebzig geworden. Zeit, auf sieben Jahrzehnte voller Leben zurückzublicken. Dazu habe ich ein Bild aus alten Fotos komponiert, alle außer den dreien unten links habe ich selbst aufgenommen. Angeregt wurde ich dazu durch Caspar David Friedrichs Bild „Lebensstufen“.

Caspar David Friedrich: „Lebensstufen“.

Sieben Brücken

Waren es wirklich sieben? Ich bin nicht ganz sicher. Aber wie Gott die Welt in sieben Tagen erschaffen hat, so hat er mich in sieben Jahrzehnten so werden lassen, wie ich heute bin.

Ich bin sicher, er hatte noch andere Pläne mit mir gehabt und so grüße ich als der, der ich heute bin, wehmütig den, der ich hätte sein können.

Andererseits: ich betrachte es auch als ein Wunder, was aus mir geworden ist. Denn nichts davon ist selbstverständlich, wenn ich an Herkunft und Kindheit denke.

Ich habe Menschen getroffen, die
mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einer Stube
aufwuchsen, nachts, die Finger in den Ohren,
am Küchenherde lernten,
hochkamen, äußerlich schön und ladylike wie Gräfinnen
und innerlich sanft und fleißig wie Nausikaa,
die reine Stirn der Engel trugen.
Ich habe mich oft gefragt und keine Antwort gefunden,
woher das Sanfte und das Gute kommt,
weiß es auch heute nicht und muß nun gehen.

Gottfried Benn, Menschen getroffen

Eines Tages haben wir dieses Gedicht (das aus Urheberrechtsgründen hier nur auszugsweise steht) besprochen. Es hat mich so berührt, dass ich das hektographierte Blatt jahrzehntelang aufbewahrt habe. Als wir in Latein das Wort „Tamen“ (Dennoch) lernten, habe ich es in die Bank eingeritzt und mir auf die Hand gemalt.

Armut, Geringschätzung als Arbeiterkind in Schule, Studium und Beruf prägten mich genauso wie das Erleiden von Gewalt in Familie und Schule. Von kleiner Statur kam ich auch gegen die Stärke anderer Jungen nicht an, was mich manche zusätzliche Prügel beziehen ließ.

Ein Leben in sieben Kapiteln

In sieben Kapiteln möchte ich nach und nach mein Leben Revue passieren lassen. Natürlich sind Lebensjahrzehnte willkürliche Abschnitte, sie entsprechen auch nicht unbedingt den Entwicklungsstufen eines Menschen. Ich verwende sie hier aber als Kapitel und stelle sie jeweils unter eine Leitfrage, die in diesem Abschnitt meines Lebens zentral waren.

Kapitel 1 – Ab 1951
Gehöre ich dazu?

Sechs Jahre alt
Sechs Jahre alt

Warum hatte ich manchmal das Gefühl, nicht richtig dazu zu gehören? Warum hat mich dieses Gefühl von Verloren-Sein so lange begleitet?

Es fing wohl in der Familie an. „Wenn Du nicht lieb bist, geben wir Dich ins Heim“. Viele Kinder meiner Generation haben das zu hören bekommen. Später habe ich nur noch gelacht „Da ist es auch nicht schlimmer als hier“ (wir wussten ja noch nicht, wie schlimm es damals in den Heimen war).

Blick in unseren Hinterhof
Blick in unseren Hinterhof

In der ersten Klasse wurde ich weggegeben. Ich kam zu meinen Großeltern in das kleine Dorf an der Lahn. Nur für kurze Zeit, wie sie mir versicherten, aber es wurde eine für mich kleinen Jungen eine unendlich lange Zeit, real waren es neun Monate.

Ich blieb dort mehrere Monate und immer fremd. Ich war ein höflicher kleiner Junge, der versuchte, sich möglichst unauffällig zu benehmen. Ich traute mich nicht, die Tante zu fragen, als wir in der Schule 50 Pfennig für irgendetwas brauchten und versteckte mich sogar, als ich mich schwer verletzt hatte.

Als ich hörte, dass meine Mutter schon lange (wie lange auch immer das war) aus dem Krankenhaus zurück war, weinte ich fürchterlich. Bis dahin hatte ich die Zähne zusammengebissen, ich war ja „schon ein großer Junge“.

In einer Phase meiner Therapieausbildung ist die Erinnerung an diese Zeit in den Vordergrund getreten und stand für das Gefühl der Verlorenheit in der Welt, das mich nie ganz verlassen sollte. Erst später begriff ich, dass es frühere Ursachen gab.

Kapitel 2 – Ab 1961
Bin ich gut so?

Nein, ich war nicht gut so, wie ich war. Definitiv. Ich schämte mich für alles: ich war klein und unsportlich, ich schämte mich meiner ärmlichen Herkunft und Umgebung, im Schwimmbad ging ich nur mit Handtuch über dem Rücken, weil ich fürchtete, zu viele Leberflecken zu haben.

Jungscharleiter
Jungscharleiter

In der Schule gab ich bald das Lernen auf und sagte nie etwas. Ich konnte einfach nicht. Der einzige Bereich, wo ich gut war, war die Jugendarbeit. Mit 14 war ich Jungscharleiter und überall in Darmstadt aktiv. Mit 17 war ich Johanniter. In der zehnten Klasse blieb ich sitzen. Dafür, dass meine Eltern mich trotzdem nicht von der Schule nahmen, kann ich ihnen nicht genug dankbar sein.

1969

Zu meinem Glück begann 1967 eine Zeit des Aufbruchs. Ich war von Anfang an engagiert in der 68er Bewegung. 1968 war ich mit „Aktion Sühnezeichen “ zu einem Arbeitseinsatz in Auschwitz. In der Schule konnte ich in dieser Zeit wenigstens mit guten Aufsätzen glänzen und mit Ach und Krach Abitur machen.

Klassenausflug
Klassenausflug

Natürlich schämte ich mich auch bei allem, was mit Sexualität zu tun hatte. Und: natürlich musste man sich in dieser Zeit gerade dafür schämen. Unser Ideal war die freie Liebe. Ich schämte mich auch dafür, keine Freundin zu haben. Ein paar hätten schon gewollt, aber ich wollte sie nicht mit nach Hause bringen. Zum Glück gab es Freizeiten und wilde Parties mit reichlich Gelegenheit zum wilden Knutschen und Fummeln.

Kapitel 3 – Ab 1971
Kann ich Sex?

Wilde Zeiten
Wilde Zeiten

Das änderte sich schlagartig, als ich während meines Pädagogikstudiums Praktikant in einer Jugendbildungsstätte war. Ich nutzte jede Gelegenheit, mich an Mädchen „ranzumachen“ – und blieb trotzdem ein gehemmter Junge.

Und nein: ich „konnte“ nicht Sex und es ging nicht von selbst.

Alles andere entwickelte sich gut. In Rekordzeit habe ich zwei Studien abgeschlossen. Ich redete zwar auch in den Seminaren nicht, aber ich konnte nach acht Semestern mit gerade einmal 23 Jahren ein Einser-Examen ablegen und meine erste Stelle antreten.

Das Thema, mit dem ich glänzte, war die „Gruppendynamik“. Die linke Bewegung – zuerst bei den Jusos, dann im „Sozialistischen Büro“ – war meine politische Heimat.

Ein paar Jahre lebte ich mit einer sieben Jahre jüngeren Freundin zusammen, glücklich waren wir beide nicht.

Beruflich war meine erste Stelle ein Fiasko. Als langhaariger linker Pädogoge in einem Pfarramt in Nürnberg – wie hätte das gut gehen sollen?

Nachdenklich unterm Kreuz
Nachdenklich unterm Kreuz

Ich schloss das Theologische Examen und das Vikariat in Neu-Isenburg an und entwickelte mich zu einem, wie ich glaube, ganz guten Pfarrer mit der Hauptidentität eines Therapeuten.

Kapitel 4 – Ab 1981
Bin ich ein guter Vater?

Vater und Tochter

1982 lernte ich meine spätere Frau kennen und bald bekamen wir eine Tochter. Beruflich ging ich nach Bielefeld und leitete dort eine Beratungsstelle für Selbstmordgefährdete. Vorher hatte ich eine Ausbildung zum Gestalttherapeuten gemacht und dort viel Anerkennung bekommen.

Das Bild zeigt meine Tochter und mich vor den Felsen der Algarve. Wir waren sorglos mit dem Auto dorthin gefahren. Ein paar Tage, nachdem das Bild gemacht wurde, war ich todkrank. Für Fünf Wochen lag ich nach einem nicht entdeckten Blinddarmdurchbruch in Faro im Krankenhaus, bevor ich in ein deutsches Krankenhaus geflogen wurde.

Meine Tochter ist das größte Glück meines Lebens. Und: nein, ich war kein guter Vater.

Zwei Ängste standen dem im Wege. Da war zum einen die panische Angst davor, dass es meinem Kind einmal materiell nicht gutgehen könne. Zu tief sitzt die eigene Erfahrung von Armut. So bekam sie alles, was sie wollte.

Ich konnte ihr überhaupt keinen Wunsch abschlagen. Denn die zweite Angst war, dass sie mich dann nicht mögen könnte. Ich wusste einfach nicht, wie konsequent sein überhaupt geht. Was ein guter Vater ist, konnte ich selbst nie erleben.

Was ich ihr hingegen geben konnte – so hoffe ich – ist das Gefühl einer bedingungslosen Liebe und die Gewissheit, dass ihr Vater immer für sie da sein wird.

Als meine Frau und ich sich trennten, war meine Tochter fünf. Zu der Frau, die ich bald darauf kennenlernte, hatte sie von Anfang ein eine sehr enge Beziehung.

Kapitel 5 – Ab 1991
Werde ich glücklich?

Glücklich in der Hagia Sophia
Glücklich in der Hagia Sophia

Cordu hatte ich 1988 kennengelernt. Wir hatten uns spontan verabredet, zusammen in die Türkei zu fahren. Schon unterwegs auf dem Autoput waren wir ein Paar.

Und: Ja – für ein paar Jahre war ich wirklich glücklich. So glücklich, wie ich es bis dahin nicht für möglich gehalten hatte. In dieser Zeit stimmte alles. Wir liebten uns. Wir lebten in einem kleinen Reihenhaus in einer tollen Nachbarschaft, wir hatten einen tollen Hund und fuhren mit unserem VW-Campingbus durch Deutschland, Portugal, Korsika, Sardinien. Meine Tochter war oft und gerne bei uns. Viel leisten konnten wir uns nicht, weil ich viel Unterhalt für Frau und Kind zahlen musste. Ich musste Schulden machen, an denen ich lange zu knabbern hatte.

Bis 1991 war ich Studentenpfarrer in Frankfurt, dann wurde ich Referent in der Kirchenverwaltung der Landeskirche. Beruflich war ich auf der „Karriereleiter“, wenn man von so etwas bei Pfarrern sprechen kann.

Das änderte sich alles in den späten 90er Jahren. Cordu trennte sich von mir und ich stürzte in eine tiefe Krise, die mein ganzes Leben erfasste. Nur mühsam konnte ich mich davon erholen – auf eine nicht sehr schöne Art. Ich stürzte mich in mehr oder weniger oberflächliche Beziehungen, die mich seelisch über Wasser hielten. Meine Tochter, die inzwischen ganz bei mir wohnte, tadelte mich oft dafür. Beruflich hatte ich eine Aufgabe der internen Organisationsentwicklung übertragen bekommen, die so tiefgreifend war, dass ich innerkirchlich für Jahre „verbrannt“ war. Sogar enge Freundschaften waren daran zerbrochen.

Kapitel 6 – Ab 2001
Wie will ich leben?

Ausblick auf Korsika
Ausblick auf Korsika

Verschiedene Versuche Karriere zu machen, waren nicht gelungen. Zwischenstation – hochinteressant, aber ohne Entwicklungsaussichten – war die Entsendung an die Fachhochschule gewesen, wo ich Theologie und Pädagogik unterrichtete. Ich war resigniert.

Im Internet, wo ich von Beginn an zuhause war, lernte ich schließlich die Liebste kennen, kurz darauf trafen wir uns und waren von da an für immer zusammen.

Ich beschloss, mich auch auf Gemeindepfarrstellen zu bewerben. Nach den ersten zwei Jahren Pfarrdienst in der Gemeinde war ich vierzig Jahre lang in übergemeindlichen Stellen gewesen. 1982 hatte es mich in die Beratungsarbeit getrieben und ich hatte mir damals gesagt „Gemeinde kannst Du ja noch machen, wenn Du mal 50 bist“. Ich wusste zwar, dass mir Gemeindearbeit Spaß macht. Aber finde ich mich da zurecht?

Nicht gerade leichter wurde diese Entscheidung durch die Aussicht, dass das wohl meine letzte Stelle wäre. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich älter werde.

Gleich die erste Bewerbung hatte Erfolg. In Frankfurt fand ich eine kleine, aber schnell wachsende Gemeinde, die viele Herausforderungen bot. Die Gemeindearbeit machte mir sehr viel Spaß, ich war wohl ein angesehener und beliebter Pfarrer.

Aber das Wichtigste war, dass ich im Leben in der Gemeinde, in der sorgfältigen Vorbereitung der Gottesdienste und auch im bewussten Leben im Kirchenjahr wieder zu einer inneren Mitte fand.

Dabei habe ich der Liebsten unglaublich viel zu verdanken. Obwohl wir nicht zusammenlebten, war sie bei jedem Gottesdienst, jeder wichtigen Gemeindeveranstaltung dabei. Durch einen schweren Schicksalsschlag war sie zum Glauben gekommen und wir beide haben zusammen in dieser Gemeinde eine Heimat gefunden.

Krabbelgottesdienst
Im Krabbelgottesdienst

Es waren Jahre der Ruhe und des Angekommen-Seins. Ich erlebte mich als einen, der aus der großen Fülle der Erfahrungen und des Wissens weitergeben konnte.

Wir reisten viel und waren glücklich zusammen.

2005 starb meine frühere Lebensgefährtin Cordu mit nur 41 Jahren viel zu früh. Meine Tochter und ich und inzwischen auch meine Frau haben eine wunderbare Freundin viel zu früh verloren.

Meine Eltern waren früh gestorben. Noch oft hatte ich bei einem Erlebnis gedacht „Das muss ich meiner Mutter erzählen“. Mit dem Tod Cordus begann das, was unausweichlich ist, wenn man älter wird. Man verliert nach und nach die Menschen, die einem wichtig sind.

Kapitel 7 – Ab 2011
Wie lange werde ich leben?

Mit Herzweste
Mit Herzweste

Beruflich kam es wieder anders. Die Arbeit in der Gemeinde machte mir viel Spaß – aber war mir zu wenig, ich war schlicht unterfordert. Ich bewarb mich um eine ausgeschriebene Dekanestelle und wurde (mit überwältigender Mehrheit) gewählt. Bis kurz vor Ende meiner Dienstzeit war ich als Dekan, zuletzt auch als kommissarischer Stadtdekan tätig.

Mit 60 heiratete ich zum zweiten Mal. Ich war überglücklich, dass diese Frau mich heiraten wollte und bin es noch immer. Wir feierten ein wunderschönes Fest, zu dem alle unsere Freundinnen und Freunde aus ganz Deutschland angereist kamen.

2015 wurde mir ein Enkel geschenkt und wieder begann ein neues Kapitel meines Lebens: Großvater sein. Voller Zärtlichkeit, Liebe und Stolz sehe ich ihn heranwachsen und bewundere seine Eltern, die bessere Eltern sind als wir es sein konnten.

2016 zog ich schließlich kurz vor meiner Pensionierung nach Wetzlar zur Liebsten. Kaum war ich dort angekommen, als mein Herz nicht mehr mitspielte. Nein, nicht in der Liebe. Blutdruck, Diabetes, mangelnde Bewegung, Gewicht und erbliche Disposition hatten dazu geführt, dass ich zunehmend über Atemnot klagte und schließlich drei Stents gesetzt bekommen musste.

Zwei Monate später wäre ich fast gestorben, die Stents waren zugegangen, ich musste eine neue Herzklappe und zwei Bypässe bekommen. Zum zweiten Mal in meinem Leben war ich mit dem Tod direkt konfrontiert. Der Gedanke, dass ich meinen gerade geborenen Enkel nicht heranwachsen sehen könnte, führte mir die Endlichkeit meines Lebens besonders vor Augen.

In der Nacht vor der Operation schrieb ich ihm einen Brief. Nicht nur ihm. All denen, denen ich noch einmal sagen wollte, wie viel ich ihnen verdanke: der Liebsten, meiner Tochter und meinem Schwiegersohn, meinen Geschwistern und meinen Freundinnen und Freunden. Ich musste die ganze Zeit weinen. Habe ich schon gesagt, dass ich nahe ans Wasser gebaut habe?

Drei Tage später konnte ich den Brief zerreißen.

Gesund wird man als Herzkranker nicht mehr, aber diese Krankheit hat meinem Leben wieder eine positive Wendung gegeben: ich treibe zum ersten Mal im Leben Sport, zweimal in der Woche trainiere ich ausgiebig und vor allem haben wir das Wandern für uns entdeckt.

Auf dem Jakobsweh
Auf dem Jakobsweg

Das entstand aus einem wunderbaren Gefühl der Dankbarkeit, als wir im Jahr darauf mit dem Wohnmobil zum Nordkap fuhren und auf den Lofoten eine Bergwanderung machen konnten. Am Abend sagte ich der Liebsten: „Lass uns auf den Jakobsweg gehen“.

Wenn nicht gerade Coronazeit ist, nutzen wir jede Gelegenheit zu Wandern und Reisen.

Die Frage der Endlichkeit stand über diesem Jahrzehnt. Ich forschte nach meinen Vorfahren, archiviere Hunderte alter Fotos, ordne meinen „Nachlass“.

Das klingt vielleicht traurig, ist es aber nicht. Immer noch bin ich voller Neugier auf Neues.

Epilog

Siebzig geworden
Siebzig geworden

Woher kamen mir Kräfte?

Eine wahrscheinlich unvollständige Liste:

  • Von der ersten Klasse an lebte ich in Büchern und las alles, was ich in die Finger bekam. Wirklich alles. Ich zog mich zurück und las stundenlang mit den zugehaltenen Ohren, die ich wirklich brauchte.
  • Meine Phantasie war unerschöpflich und ein immerwährender Rückzugsort. „Der Träumer“ haben sie mich in der Schule genannt. Wie Joseph.
  • Ich hatte das große Glück, immer wieder auf Menschen zu stoßen, die mich sahen und erstaunlicherweise oft über alle Maßen schätzten. Es waren alles Menschen, die ich in der Kirche kennenlernte. Ich weiß nicht, was aus mir ohne die beiden Jungscharleiter, den Jugendpfarrer, den Jugenddiakon, die Schulpfarrerin und den Schulpfarrer, später den Lehrpfarrer, geworden wäre.
  • Ich musste früh lernen, meinen eigenen Weg zu gehen. Früher als es für ein Kind eigentlich gut ist. Das hat mich sehr verletzlich gemacht, aber auch stark.
  • Meine Eltern haben mir einiges mitgegeben. Obwohl ich aus der Kindheit auch Narben trage, bin ich dafür dankbar. Vielleicht das Wichtigste klingt banal: die Liebe zum Lesen.
  • Meine Mutter kämpfte „wie eine Löwin“ für ihre Familie. Wehe dem, der ihre Kinder angriff. Das war ausschließlich ihr vorbehalten.
  • Mein Vater war ein schwacher und nach dem Krieg gebrochener Mensch. Für seine Familie opferte er sich bis zur Selbstaufgabe auf.
  • Im „lieben Gott“ hatte ich den einzigen verlässlichen Freund und Beschützer, dem ich meine Sorgen anvertrauen konnte.
  • Last not least hatte ich das große Glück, ab Mitte der 60er Jahre in die Bewegung hineinzukommen, die aus einer Welt der Enge und Scham hinausführte.

Sieben Jahrzehnte und fünf Aufgaben

Nach der Individualpsychologie gibt es fünf Lebensaufgaben, die Menschen zu bewältigen haben:

  • das Leben in der Gemeinschaft
  • die Liebe
  • die Arbeit
  • die Beziehung zu sich selbst
  • die Spiritualität.

Leider kann man sie nicht nacheinander abarbeiten, sie beziehen sich aufeinander, sind verwoben und stellen sich als Aufgaben immer wieder neu dar.

Ich kann das nur bestätigen, und wenn Du wirklich bis hierher gelesen hast, wirst Du gesehen haben, dass es eigentlich nur um diese Fragen ging in meinem Leben.

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