„Wir wollen alles!“ – einer jener wunderbaren Sprueche aus meiner „Jugendzeit“. „…und zwar subbido“, wie glaube ich die Schweizer Jungs und Mädels damals hinzufügten, das war aber schon in den Achtzigern.
Subbido ist bestes Darmschdädderisch und heißt sowas ähnliches wie „sofort“ auf deutsch.
Wie ich darauf komme? Weil ich irgendwie verrückt bin. Manchmal will ich alles. Ich rede jetzt noch nicht mal von Weihnachtsgeschenken, sondern nur davon, was ich alles unter einen Hut bringen will.
Nehmen Sie mal Heiligabend:
Als frommer Mensch will ich natürlich einen ruhigen und besinnlichen Abend verbingen, möglichst im Kreis meiner Familie. (Was gar nix eigentlich mit Frömmigkeit, sondern nur mit deutscher Tradition zu tun hat).
Als Pfarrer habe ich am Heiligabend zwei Gottesdienste zu halten, habe nach dem ersten, weil der mit Schattenspiel-Krippenspiel war, schnell mit umzuräumen, damit die Kirche zur Christvesper feierlich ist, habe daneben auch schon den Gottesdienst für den ersten Weihnachtstag vorzubereiten.
Als Auf-den-letzten-Drücker-Chaot muss ich zwar nicht mehr, wie früher oft, noch an Heiligabend Geschenke besorgen, aber einpacken muss ich sie noch.
Und als Gourmet-Koch will ich auch noch ein Festessen zum Heiligabend auf den Tisch bringen. Klar, dass das nicht alles geht. Sollte man denken. Aber heute will ich Ihnen mein Geheimnis verraten, wie ein Gourmetkoch
– Schnell mal dazwischengerufen:
„Jeder Ihrer Blogleser weiß, dass Sie ein Gourmet sind“
Originalzitat dieses klugen jungen Mannes, der über diesen Blog eine Reportage geschrieben hat, aber dazu ein andermal. *StolzandieBrusttrommel*. Zwischenruf-Ende –
also ein Gourmetkoch, wie ich einer bin, das trotzdem schafft, natürlich mit tatkräftiger Hilfe seiner Liebsten, die derweil den Tisch recht festlich deckt und den Wein öffnet.
Es gab nämlich Entenbrust in Orangensauce. Das Rezept finden Sie wie immer am Schluss, nur nicht ungeduldig werden.
Dabei gabs in frommen Häusern – und in anderen auch – früher gar kein Festessen am Heiligabend und ich weiß auch nicht, wann und wo und vor allem warum ich auf die Idee gekommen bin, diesem neumodischen Trend zu folgen. Bei uns zuhause und wohl in den meisten Häusern gabs am Heiligabend Würstchen mit Kartoffelsalat. Erstens aus dem oben beschriebenen Zeit-Dilemma, wobei meine armen Eltern natürlich keine Pfarrer waren, sondern eine Hausfrau und ein Installeuteur- und Spenglermeister, aber halt mit vier Kindern; und zweitens aus der nun wieder nicht unfrommen Überlegung, dass „Weihnachten“ recht eigentlich (schön formuliert, oder?) erst am 1. Feiertag ist.
Deshalb gabs das Festessen erst am 1. Feiertag: und da gabs dann eine riesengroße Pute, die für 6 Personen zwei volle Tage reichte und 3 geschmacklich völlig unterschiedliche Köstlichkeiten aufbieten konnte, 4 sogar, wenn man Schenkel und Flügel nochmal getrennt nimmt oder 5, wenn man Unter- und Oberschenkel sich noch einmal getrennt vor den gedanklichen Geschmackssinn führt. Es gab also: die deftigen, knusprigen Schenkel und Flügel, es gab das zarte „weiße Fleisch“ und es gab die Füllung. Auwei, die 6. Köstlichkeit hätte ich fast vergessen: die knusprige Haut!!!
Mein Vater ließ sich nicht nehmen, die Füllung selbst zu machen, weil er dazu eine Hackfleichmischung mit Esskastanien herstellte, wie nur er das konnte. Hmm, bis eben hätte ich noch geschworen, dass meine Mutter bei uns kochte, aber jetzt merk ich, wo ich das herhabe…
Aber ich wollt ja über Heiligabend reden und wie ich den Zaubertrick gelöst habe.
Der Trick ist: man kauft sich eine Entenbrust bei Aldi, das ist ein Kolonialwarenladen Discounter bei Ihnen um die Ecke. Tiefgefroren. Oder natürlich mehrere. Wenn man sie rechtzeitig zum Auftauen rauslegt, also morgens schon, sind sie abends aufgetaut. Meine Liebste hat mir beigebracht, wie man die so auf zwei übereinandergelegte Teller legt, dass das Blut gut ablaufen kann und man nicht etwa eine Salmonellen vergiftung bekommt.
Hab ich Ihnen schon mal erzählt, dass wir auf einer Konfirmandenfreitzeit mit 100 Konfirmanden eine Salmonellenvergiftung hatten. Nein? Eine schaurig-schöne Geschichte, aber davon ein andermal.
Ich habe in meiner Tiefkühltruhe immer eine Aldi-Entenbrust, weil man damit immer subiddo was zaubern kann. Zum Beispiel einen Salat macht und die Entenbrust im Honig wälzt und auf den Salat schneidet. Ein paar Minuten und fertig und Hmmm-Mampf-Tastisch.
Und jetzt der zweite Trick: das würden Sie einem Gourmetkoch nie glauben, aber ich schwöre, es ist die volle Wahrheit: Kartöffelchen aus dem Glas. Die sind schon vorgekocht und schmecken wie selbstgezüchtete.
Nur den Brokkoli hab ich frisch gekauft und den Feldsalat. Und zwei ungespritzte Orangen. Portwein hab ich zufällig zuhause gehabt. Portwein gehört zu den Sachen, die ich immer zufällig zuhause habe.
Und was macht der Gourmet-Koch jetzt mit all den kleinen Sachen?
Die süßen* vorgekochten Kardöffelsche kommen in eine Pfanne mit heißem Olivenöl, damit sie knusprig werden und vor allem aussehen.
*also „süß“ nur wegen dem niedlichen Aussehen des niedlichen Aussehens (immer das Darmschdädderisch), nicht etwa, weil es sich um „Süßkartoffeln“ handelt, davon ein andermal.
Der Brokkoli kommt erst ein paar Minuten, bevor alles fertig ist, in einen Topf mit Dünsteinsatz und wenig kochendem Salzwasser. Wenn Sie auch ein Gourmetkoch sind, haben Sie vielleicht eine Prise Natron (ja, das kann man wirklich immer noch kaufen) zuhause. Das braucht man aber nicht wirklich, damit bleibt er nur so schön grün oder die Karotten karottenfarbig.
So, und jetzt hier – trara – trara – das knatscheinfache Rezept für eine Köstlichkeit:
Entenbrust von Aldi in Orangensauce
Zutaten für 3 Personen:
– 2 x 1/2 Entenbrust (von denen bei Aldi nehme ich pro Person 2/3 bis 1)
– 2 unbehandelte Orangen
– Portwein
– Ingwer, Thymian, Pfeffer, SalzRezept
– Sie schälen mit einem Zestenmesser von einer Orange Zesten ab, das sind ganz dünne Streifen(wenn Sie auch mal ein Gourmetkoch werden wollen, sollten Sie so ein Messer haben oder sich schnell kaufen). Wenn Sie so ein Messer nicht haben, reiben Sie die Schale ab und sammeln Sie auf einem Teller.
– Drücken Sie den Saft dieser Orange aus.
– Die andere Orange schneiden Sie in Scheiben, die Sie halbieren.
– Sie schneiden mit einem scharfen Messer die Haut der Entenbrust rautenförmig ein. Achten Sie darauf, dass möglichst nur die Haut, nicht das Fleisch eingeschnitten wird.
– Dann legen Sie die Entenbrust mit der Haut nach unten in eine Pfanne ohne Fett, die Sie erhitzen. Die Entenbrust erzeugt selbst das Fett. Jetzt können Sie von oben mit Salz, Pfeffer, etwas Ingwer und etwas Thymian würzen.
– Nach einiger Zeit, wenn sich genügend Fett angesammelt hat, wenden Sie die Brust und braten Sie noch ca. 20 Minuten weiter, ab und zu mal wieder wenden.
– Nach 15 Minuten gießen Sie den Orangensaft zu dem Fett und streuen die Hälfte der Zesten dazu. Die andere Hälfte nehmen Sie später zum Garnieren.
– Zu der einköchelnden Sauce gießen Sie Portwein.
– Nehmen Sie die Entenbrust aus der Pfanne und schneiden Sie sie schräg in Scheiben. (Ein kleiner Trick: wenn das Fleisch Ihnen noch nicht genügend durch ist, legen Sie die Scheiben kurz vor dem Servieren noch einmal in eine heiße Pfanne mit Öl und braten Sie sie nach.
– Schmecken Sie die Sauce ab. Wahrscehinlich schmeckt sie so schon sehr gut, man kann aber auch noch etwas Honig dazu tun, wenn mans süßer mag oder etwas Orangenmarmelade.
Richten Sie die Scheiben auf den Tellern an, bestreuen Sie sie mit den restlichen Zesten und legen Sie 2-3 halbe Scheiben Orangen dazu.
Dazu die angerösteten Kartoffeln und das Gemüse… Die Sauce kommt über die Entenbrust und fertig….
Die beste Ente in Orangensauce hab ich übrigens immer wieder im „Moulins“ in Lagos an der westlichen Algarve gegessen. Unbedingt hingehen! Wenn es das noch gibt …