Am Niederrhein, so hörte ich erzählen, feiert man drei große christliche Feste: Weihnachten, Ostern und das Heilige Schützenfest.
Was für die Niederrheiner und andere Gegenden das Schützenfest, ist für uns hier der Wäldchestag.
Goethe hat ihn schon bejubelt:
Da werden die Mägde
mit Speise und Wein
voraus schon ins Wäldche gesendet.
Was mancher ersparte
jahraus und jahrein,
wird hier nun auf einmal verschwendet.Da geht es ganz schwarmweis
mit Menschen hinaus,
mit Reitern, mit Kutschen und Pferden.
Da lagert sich alles
ins Grüne zum Schmaus,
als wie das Wild auf der Erden.
Und Wilhelm Hauff schrieb in „Mein Besuch in Frankfurt“:
Kommt man um die Zeit des Pfingstfestes nach Frankfurt, so sollte man meinen, es gebe keine heiligere Stadt in der Christenheit; denn sie feiern daselbst nicht wie z. B. in Bayern 1½, oder, wie im Kalender vorgeschrieben, 2 Festtage, sondern sie rechnen vier Feiertage; die Juden haben deren sogar fünf, denn sie fangen in Bornheim ihre heiligen Übungen schon am Samstag an, und der Bundestag hat sogar acht bis zehn.
Diese Festtage gelten aber in dieser Stadt weniger den wunderbaren Sprachkünsten der Apostel, als mir.
Was die berühmtesten Mystiker am Pfingstfeste morgens den guten Leutchen ans Herz gelegt, was die immensesten Rationalisten mit moralischer Salbung verkündet hatten, das war so gut als in den Wind gesprochen.
Die Fragen: ob man am Montag oder am Dienstag, am zweiten oder dritten Feiertag ins Wäldchen gehen, ob es nicht anständiger wäre, ins Wilhelmsbad zu fahren, ob man am vierten Feiertag nach Bornheim oder ins Vauxhall gehen solle, oder beides, diese Fragen schienen bei weitem wichtiger, als jene, die doch für andächtige Feiertagsleute viel näherlag, ob die Apostel damals auch Englisch und Plattdeutsch verstanden haben?
Ich für meinen Teil gehe, bzw. sintemal zu weit lasse mich fahren von öffentlichen Verkehrsmitteln, seit Jahren in das nahegelegene Wetterauer Wäldchen, daselbst man mich nebst Gefährten heute nachmittag finden wird.
Der Frankfurter, von Natur freigiebig, ist es hier doppelt. Jedem Bekannten wird zugetrunken und wer Freund
ist von heiteren Menschengesichtern, wird nicht ohne
Lust diese Reihen durchwandern.Chronist Anton Kirchner, 1818
„Es gibt im Wäldchen keine Aristokratie, keine
Demokratie, keinen Argwohn und keine Revolution.Chronist Beurmann, 1835
Anonymous 25. Mai 2010
unser Wäldchestag ist doch verkommen. Nix mehr mit arbeitsfreier Nachmittag – Geschäfte, Firmen die geschlossen haben. Egal – der Zahn der Zeit – lass es dir schmecken und wenn dir danach ist, trink für mich einen Äppler mit!
jahreszeiten 25. Mai 2010
Ich bin ja auch abtrünnig und geh nach Ossenheim
Anubis 25. Mai 2010
Der Wäldchestag ist etwas, was ich an Frankfurt auch wirklich liebe.
Am Niederrhein hab ich auch schon gewohnt, in Neuss, da hatte das Ortsteil-Schützenfest leider für mich unangenehme Nebenwirkungen (in der dörflichen Nachbarschaft wohnte jemand, bei dem nach dem offiziellen Ende auf dem Schützenfestplatz privat weitergefeiert wurde, die ganze Nacht, an Schlaf war nicht zu denken…), außerdem werde ich mit dem sehr patriarchischen Schützenkult absolut nicht warm.
Auf jeden Fall viel Spaß, und Prost! 🙂